Im Lauf der Jahrtausende entstand im Pferdekörper ein biologisches, hochkomplexes Rüstzeug für Bewegungsfähigkeit (dass der Mensch auch dringend erhalten sollte). Der eng vernetzte Verbund von Muskeln und Skelett sorgen für optimale Abläufe im Körper des Pferdes. Seit langem ist bekannt, dass das Gehirn, Organsystem und der Bewegungsapparat des Pferdes in ständigem, regen Austausch stehen und sowohl Gesundheit, Wohlbefinden wie auch das Verhalten beeinflussen.
Die „eigene“ Bewegung – die „Biomotorik des Pferdes“, stärken das Immunsystem, Gelenke und Organe werden gekräftigt, die Muskeln setzen wieder heilsame Signalstoffe frei, der Muskeltonus reguliert sich, der Pferdekörper lagert weniger schnell Fett- und Ausweichsmuskulaturen an und das Herz-Kreislauf-System wird belastbarer.
Es gibt viele – wirklich sehr viele gute Gründe, um dem Pferd wieder „seine“ Biomotorik zu ermöglichen. Ich hoffe, Ihnen auf dieser Webseite genug Ideen zu liefern, um die ursprünglichen, primordialen Bewegungen des Pferdes zu erhalten – und immer wieder zu überprüfen, was das Pferd an der Ausführung seiner Bewegungen hindern könnte und es in seiner Bewegungslust ausbremst.
Es geht um die Belastbarkeit des Pferdes
Es darf uns nicht darum gehen, das Pferd dazu zu bringen, Rekorde und Grenzen zu brechen, oder sich selbst etwas zu. Es ist wichtig, dass wir verstehen, dass wir ganz einfach in nichts vorankommen werden, wenn wir uns das Reiten erleichtern, das Pferd zu Spitzenleistungen quälen oder den Pferdekörper für uns leichter händelbar machen. Das tut nur weh – und nichts ist doofer als mit zugebundenem Kiefer, brennenden Lungen, rasendem Herzen oder/und einem unbeweglichen Menschen auf dem Rücken, durch die Gegend zu hetzen.
Wie kann man typische Probleme wie Sehnen- und Gelenkbeschwerden vermeiden?
Beim frühen Erkennen von gesundheitlichen Problemen, Spannungsmustern und Bewegungseinschränkungen, die den Atemkreislauf betreffen, hilft uns die Muskulatur des Pferdes, auf der man jede Art der Bewegungsausführung ablesen kann wie auf einer Landkarte, aber auch ein Spiegel nach innen ist – zum Organsystem und zum Stoffwechselsystem des Pferdes.
Die Muskeln des Pferdes passen sich an alles Mögliche an – und zeigen genau das auch an. Allem voran – Stress. Das schnelle reagieren ist ihre Aufgabe. Die Muskeln des Pferdes sind richtiggehend darauf programmiert, Stress zu erfassen. Dieser uralte Reflex wurde dem Pferd von seiner Evolution mitgegeben und ist bis heute in den Körpern der Pferde aktiv. Die blitzschnell eintretende Muskelanspannung und die Aktivierung aller Sinne machen das Pferd sofort reaktionsbereit. Das Pferd soll nicht lange nachdenken, sondern reagieren und wegrennen.
Die schnelle Reaktionsfähigkeit und die Programmierung auf Stress ist eigentlich ein sehr „sinnvolles“ Vorgehen der Natur, entwickelt sich jedoch zum Problem, wenn der Spannungszustand des Pferdes chronisch wird, und die Muskulatur dauerhaft angespannt bleibt. Die Muskeln und Strukturen verändern vor allem den Kiefer und Genickbereich, den Schulter-Halsbereich und natürlich den Becken-Lendenübergang des Pferdes in seinem zusammenwirkenden Bewegungsverbund.
Um das ausgeprägte Stressverhalten zu beweisen, schauen Sie sich ein Pferd an, dass unter Stress ist, oder gesetzt wurde. Wie lernbereit ist es? Wie reitfähig ist es? Genau gar nicht. Der Mensch ist damit beschäftigt es „im Zaum zu halten“, zu beruhigen, zu deeskalieren, zu kontrollieren. Alles, was daraus entsteht ist alles andere wie reiten. Vielleicht das Pferd in seinen Reflexen austricksen. Oder es zu zwingen. Zwei Kilo Eisen im sensiblen Pferdemaul sind dazu ein wirklich sehr gutes, ein „schlagendes“ Argument…Ah ja, und noch was! Auf einem gespannten Pferd sitzt kein Mensch gut…
Ein Pferd „festhalten“ und zwingen, „positive Spannung“, der Spannungsbogen, „Aussacken“, konditionieren, sind also biologisch gesehen absoluter Quatsch. Auch unter dem Sattel wirkt die spannungsgeladene Kraft des Menschen zerstörerisch, denn bei einem unter Spannung gesetzten Pferd kommen die unvermeidlichen Stressreaktionen des Körpers, so sicher wie das Amen in der Kirche. Sicherlich kann man bei genügend Wiederholungen jedes Pferd irgendwie an Dinge gewöhnen – die Muskeln geben die Anpassungsfähigkeit dazu her. Aber der Preis ist hoch. Sehr hoch.
Stress im Kopf
Wenn der Pferdekörper „schlappmacht“ liegt das deshalb nicht allein an der strapazierten Muskulatur. Oft genug gibt das gestresste Gehirn des Pferdes eine Erschöpfung vor, aus der sich das Pferd kaum noch erholen kann, obwohl der Futterzustand gut ist und der Körper noch Reserven hätte. Die stressbedingten Spannungsmuster hinterlassen tiefe, scheinbar irreparable Spuren im Verhalten und im körperlichen Zusammenwirken des Pferdes.
Die Aufgabe des Menschen ist es deshalb, das Pferd ZUERST zu einer entspannten Situation seines Körpers zu bringen. Und nicht nur zu einer Ent-Spannung, bei denen das Pferd den Hals hängen lässt. Die Entspannung des Pferdes muss in seinem Kopf stattfinden, in seinem Gehirn – ausgelöst durch seine Wahrnehmung, die dem ganzen Körper das Signal zur Entwarnung gibt. Sonst – ja, sonst sind die körperlichen Reaktionen, das Stoffwechselsystem und das Organsystem weiterhin auf „Alarm“ gestellt. Auch wenn wir das nicht gleich sehen – aber das heißt gar nichts.
Überlassen Sie den Pferdekörper nicht dem Zufall
Für eine körperorientierte Ausbildung wie der BIOMOTORIK, ist es die Hauptaufgabe (Phase I), das Pferd aus seinen Stressbedingten Spannungszuständen zu holen, damit sich die Muskeln wieder kontraktionsfähig um einen aufgerichteten, in sich federnden Rumpf anordnen können und die Wirbel der Wirbelkette – von der Schädelbasis bis zu den Schwanzwirbeln – von Muskeln und Strukturen, in einem freischwebenden Zustand getragen werden können.
Je freitragender das „Gesamtkunstwerk Pferdekörper“ ohne Spannungs- Halte- oder Stressmuster ist, desto leistungsfähiger ist der Organismus des Pferdes und je freier und gesünder kann es seine Fähigkeiten und seine Bewegungen entfalten, ohne dass es zu Überlastungen im Bewegungsapparat, zu Atem-, Becken-, oder Knieproblemen kommt.
Und so geht es weiter in der Phase II der biomotorischen Übungen…
Wenn die Anstrengung in den Hintergrund tritt, schiebt sich der Ausdruck und die Kadenz der Bewegungen in den Vordergrund. Alle „Einzelteile“ des Pferdes müssen dazu gut ausbalanciert sein. Nur dann können Muskeln und Gelenke, Organe, die durchlässigen Körperflüssigkeiten und die Psyche des Pferdes zusammenwirken. Und wir bekommen die genialsten Bewegungen vom Pferd geschenkt – sogar, wenn wir auf dem Rücken des Pferdes sitzen und es mit uns „belasten“.
Die Phase III der biomotorischen Übungen
Wenn der Reiter mit seinem Pferd in der Phase II seiner körperlichen Bewegungsentwicklung angekommen ist, ermöglicht uns der Pferdekörper, wieder die verschiedensten Herausforderungen anzunehmen und Grenzen auszuloten. Dann sorgen die erweiterten, kadenzierten Bewegungen für eine folgerichtige Stärkung des Gefäßsystems, der Lernfähigkeit und des Gleichgewichtes. Konzentration, Ausdauer und die Aufmerksamkeit zum Menschen werden weiter ausgebaut.
Die Ausdauer des Pferdes hängt damit zusammen wie anstrengend es das Pferd empfindet
Selbst bei höchster Anstrengung muss das Gehirn des Pferdes nie alle Muskeln einsetzen, die für eine Entfaltung der vollen Leistung zur Verfügung stünden. Weil es keine mentale Ermüdung mehr gibt, entsteht die perfekte Regeneration zur körperlichen Weiterentwicklung und gegen altersbedingte Verfallprozesse.
In den „biomotorischen Einzel-Updates“ gehe ich mit Ihnen auf die Suche nach den schädigenden Spannungs- Stress und Gewohnheitsmustern Ihres Pferdes – und stelle daraufhin natürlich ein Programm für Sie auf, wie und auf welche Weise Sie Ihr Pferd damit in der Phase I seiner Bewegungsentwicklung begleiten – und zu seinem Lösungsprozess beitragen können.
Ihre Monika Buhl