die Art und Weise wie der Mensch mit dem Körper des Pferdes umgeht, bestimmt die „Reitreife“ des Pferdes
Viel größer als die Freude am Reiten und der Gemeinsamkeit mit dem Pferd, sind mittlerweile die vielfältigen gesundheitlichen Einschränkungen des Pferdes geworden, mit denen wir das Pferd nicht nur nicht reiten können, sondern uns das Pferd deutliche Signale des Widerstandes zeigt, die wir leider meist nicht sehen, verstehen, missverstehen oder falsch interpretieren.
Der Bewegungsprozess stagniert – und damit wirkt das Reiten negativ auf das Pferd ein
Reiten, ohne dass der Entwicklungsprozess im Pferdekörper weiterläuft, bewahrt den IST-Zustand im Pferd – es geht nicht weiter, und das Pferd zehrt aus seinen Ressourcen. Wenn die dann aufgebraucht sind, zeigt sich das Bild einer Trageerschöpfung – ob das Pferd Muskeln hat, oder nicht. Wir kennen das aus der Kinderentwicklung. Wird das Kind z.B. körperlich fixiert oder missbraucht, hat das furchtbare Auswirkungen auf Psyche und das Körpergefühl des Kindes.
Ähnlich ist es auch beim Pferd. Nur fühlt sich der Mensch beim Pferd veranlasst, gegen diese Widerstände (die sichtbaren Signale eines eingeschränkten Körpers) mechanisch aufzurüsten, und dem Pferd sein Ungehorsam „auszu-treiben“. Obwohl das natürlich an der körperlichen „Reitreife“ des Pferdes rein Garnichts ändert, die aus der natürlichen Vorhandlastigkeit entsteht.
JEDE mechanische Aufrüstung ist ein Armutszeugnis des Menschen
Kandaren, Kappzäume, ALLE Riemen, die dem Kiefer die Möglichkeit zu den lebensnotwendigen Funktionsmechanismen nehmen, sind schlicht und ergreifend schon lange aus der Zeit gefallen. Stattdessen bewundern wir das Können von Reitern, die den Körper des Pferdes missachten.
Glücklicherweise gibt es in letzter Zeit ein Wiederaufleben von Bewegungsentwicklungs-modellen, die den Körper des Pferdes und seine Funktionsmechanismen in ein richtiges Licht stellen und die darauf abzielen, aktuelle Reitprobleme nachhaltiger und viel effektiver anzugehen. So auch die „Biomotorik“. Mir geht es darum, die Natur des Pferdes als Beispiel, Maßstab, Inspiration und ja, auch als Erzieher des Pferdekörpers zu nutzen.
Wir können durch das Studium, der Integration und Angleichung an die von der Natur verfeinerten Bewegungsprozesse und Mechanismen im Pferdekörper etwas erreichen, was im Laufe der Zeit durch Evolution und natürliche Anpassung perfektioniert wurde und können uns mit gutem Gewissen und den reinen Gängen des Pferdes danach richten.
Wir brauchen uns dann nicht mehr auf die jeweilige Interpretation von Reitthesen und Ausbildern verlassen, die ihre ganz persönliche, IHREN eigenen Fähigkeiten entsprechenden Vorstellungen der Reiterei preisgeben, die leider oft nicht im Entferntesten mit den biologisch-anatomischen Bedürfnissen des Pferdes zu tun haben, sondern uns IHR Können verkaufen – nicht aber das des Pferdes. Bemerken tun wir das allerdings erst, wenn es viel zu spät ist.
Alles, was wir mit dem Pferd tun, hat eine Konsequenz im Pferdekörper
Wir müssen uns dann auch nicht mehr auf eine Reparatur des Pferdes verlassen – also den Pferdekörper ins Messer laufen lassen, ihn Koliken, Atemprobleme, unklare Lahmheiten usw. bekommen lassen, um dann die Schädigungen wieder zusammenzukitten. Die „Biomotorik“ zeigt vorher – bevor das alles passiert, wie man sich an den Lösungen der Natur orientiert.
Man hat es ja früher auch so gemacht – also kann so eine Reiterei nicht schlecht sein?
Wer genau entscheidet diese Frage? Ja, genau das Pferd. Und da sind wir wieder bei den Signalen, die uns das Pferd in großer Anzahl und Intensität sendet. Bis wir allerdings sehen, dass das Pferd leidet, sind bereits schon große organische Konsequenzen entstanden.
Als Beispiel: Reiter verhindern mit einer wahren Leidenschaft die Blutzirkulation des Kopfes ihres Pferdes. Warum? Bitte fragen Sie mich nicht warum, denn alles, was im Pferdekopf NICHT passiert, hat schlimmste Auswirkungen im Bewegungsorganismus. Die für die Sinnes-Wahrnehmungen so wichtige Gesichtsmuskulatur – einschließlich des Augenringmuskels (es gibt extrem viele am Auge erkrankte Pferde – Zufall?) leiden an einer Unterversorgung mit Blut.
Die gesamte Kiefermechanik des Pferdes wird durch Druck auf die Gesichtsmuskulatur verändert (Ja, auch durch Knotenhalfter!). Zu sehen ist das auch nach außen – zwischen Kehlgang und Hals bildet die gestörte Zungenbeinmechanik ein „hängendes Dreieck“ aus. Die gestörte Kiefermechanik wiederum kann die Drüsen (Hormone) nicht mehr ablaufen lassen (gefüllte Ganasche) – die das Bewegungsverhalten des Pferdes sehr tückisch verändert.
Und wenn Ihnen das schon viel und leidvoll vorkommt, dann warten Sie nur mal darauf, bis ich Ihnen erkläre, was der Druck im Genick des Pferdes veranstaltet. Immerhin drückt er ja auf den Vagusnerv (einen der Gehirnnerven), also genau auf DEN Nerv, der den ganzen Bewegungs-organismus des Rumpfes und der Beine am Leben erhält. Moment mal, auf was sitzen wir noch mal beim Reiten? Stimmt ja – auf dem Rumpf des Pferdes. Merken Sie was?
Jedenfalls brauche ich mehrere Kapitel, um ihnen zu beschreiben, was der Genickdruck veranstaltet und auslöst. Warum drücken dann die Reiter so vehement auf das Genick des Pferdes – und nehmen die Konsequenzen in Kauf? Und lassen dann als unlogische Folge eine ganze Gefolgschaft von Therapeuten antanzen, um die Symptome einigermaßen zu lindern.
Die Symptome zu lindern – dass gelingt dem Hufschmied nicht. Hufschmiede oder Hufpfleger haben ähnlich schlechte Karten wie das Pferd. Denn was von oben – also aus den „großen Gelenken“ des Pferdes nicht herauskommt, kann der Huf auch nicht ausführen. Und der Boden, auf dem das Pferd steht, gibt unter Garantie nicht nach. Also muss der Hufschmid alles geben, um die Auswirkungen so klein wie möglich zu halten. Schadensbegrenzung nennt man sowas…
Die „Reitreife“ des Pferdes
All das – also die Bewegungsbedürfnisse des Pferdes, die wir so gut wie nur irgend möglich abdecken sollten, fasse ich unter der „Reitreife“ des Pferdes zusammen. Das ist genau der Wachstums-, Entwicklungs-, und Reifungsprozess des Pferdekörpers, den das Pferd braucht damit es mit all seinen Körperteilen selbstwirksam sein Gleichgewicht von vorne nach hinten verlagern kann (um aus der Vorhandlastigkeit herauszukommen). Aber sich auch lateral ausrichten kann um sein Körpergewicht links und rechts der Wirbelkette „gleich zu gewichten“.
Zu sehen ist dieser Prozess übrigens an einem ausgeprägt entwickelten Halsgeflecht, an einem Rücken durch den durchlässig die Bewegung bis zum Sakralgelenk geht, an der Selbstaufrichtung des Pferdes, an den Hinterbeinen, die belastungsfrei in der Hüfte gelagert sind – und an der Hüfte, die sich selbstverständlich unter dem Becken anordnen kann.
Das alles kann der Pferdekörper nur erreichen, wenn er über sein Nervensystem Zugriff auf seinen eigenen Körper hat, und sich, vorbereitend für folgende Reitaufgaben „umstrukturieren“ kann. Da der Pferdekörper aber gar nicht wissen kann, was demnächst auf ihn zukommt, müssen wir das Pferd in „reitbezogene Bewegungen ausbilden. So etwas nennt man Ausbildung.
Zum besseren Verständnis: Eine seriöse Ausbildung des Pferdekörpers sind keine „Spielchen“ mit dem Pferd, auch kein Einhämmern von Seitengängen, Piaffen oder anderen Lektionen. Eine Ausbildung ist die Fähigkeit des Pferdes, dass es genau diese Lektionen in absehbarer Zeit – zusammen mit der Last des Menschen auf seinem Rücken – spannungs- und belastungsfrei leisten kann. Eine reelle Ausbildung fährt niemals auf Sicht oder Show, sondern weiß ob eine Bewegung noch in 5 Jahren dem Bewegungsorganismus gut tut, auch in 10 oder in 20 Jahren.
Und wenn jetzt ihre Frage kommt, wie man das alles macht: dann verweise ich auf meine „biomotorischen Übungen“, die ich aus den angelegten Bewegungsfähigkeiten des Pferdes heraus entwickelt habe und bei denen mich die Natur des Pferdes inspiriert und angeregt hat. Ich wollte einfach den Ursachen von Reitproblemen auf den Grund gehen.
Die „biomotorischen Übungen“ die die „Reitreife“ des einzelnen Pferdes in seinem Tempo wachsen und reifen lassen, gebe ich in meinen „Mentorings“ weiter, bei denen ich Sie ganz persönlich bei den Bewegungsauswirkungen ihres Pferdes und seinen Lösungen unterstütze. Und demnächst auch in „biomotorischen Workshops“. Fragen Sie einfach nach…
Sie sehen, ich beschäftige mich mit dem Körper des Pferdes aus der Freude daran, heraus zu finden wie der Pferdekörper funktioniert, um dem Pferd das Gerittenwerden leichter zu machen. Und daran möchte ich meine Schüler teilhaben lassen und mein Wissen weitergeben.
Eine Vertiefung mit den Bewegungsgesetzen der Natur, die Logik ihrer Funktionsmechanismen und wie der Mensch mit dem Körper des Pferdes umgeht, ist von unschätzbarem Wert für das Pferd, aber eben auch für einen Erhalt der Reiterei. Wenn sie den Zauber, den dieses Reiten dann auf uns ausübt, kennenlernen – werden Sie nie wieder anders reiten wollen.
Monika Buhl
Sie können auch bei sich beginnen: die nächste Reiterschulung ist am 28. September in 704889 Ehrstädt und am 12. Oktober in Bad Oeynhausen.