Die tiefergelegte Halsbasis

Kein anderes Körperteil des Pferdes, zeigt uns die Zustände, die IM Pferdekörper herrschen, so sichtbar an wie die Position des Pferdehalses. Die Halsbasis „übersetzt“ uns das Verhalten des Pferdes – aber auch die Handlungen des Menschen werden am Pferdehals und seinem Kopf erkennbar.

Wenn ihre Kommunikation mit dem Pferd – na, sagen wir mal „angespannt“ ist, wenn Sie sich wünschen, dass das gemeinsame Reiten besser funktioniert oder Sie das Gefühl haben, mit ihrem Pferd auf der Stelle zu treten, ist es äußerst „sinnvoll“ den Hals und seine Basis – also den Übergang der Halswirbel in die Brustwirbel – und seine Bewegungsfähigkeit genauer unter die Lupe zu nehmen.

Während in reitgeprägten Reitweisen gerne die Frage im Vordergrund steht, wie man den Kopf und den Hals des Pferdes am besten und zweckmäßigsten formt, sucht bekannterweise die „Biomotorik“ nach Lösungen und Möglichkeiten, um die funktionellen Eigenschaften des Pferdekörpers so gut es geht zu erfüllen, um durch die körperlichen Potenziale des Pferdes in ein kadenziertes Reiten plus seiner Bewegungsentwicklung zu kommen. (Kadenz – Betonung der Bewegungen des Pferdes)

Der „gelassene“ Hals

Der Hals des Pferdes hat seine eigene Systematik. Er wurde mit allem – einschließlich seiner Strukturen so „konstruiert“, dass er sich immer wieder – ähnlich wie ein Stehaufmännchen aufrichtet und aufrichten kann (in anderen Artikeln mehr dazu). Während dem natürlichen „Kopf hoch – Kopf runter“ – den die Sinneswahrnehmungen anregen – formt sich die vom Menschen so begehrte konkav gewölbte Oberlinie des Pferdes heraus, die zusätzlich zum Energievollen Aussehen die empfindlichen und äußerst sensiblen Halswirbel des Pferdes perfekt schützt.

In unserer heutigen Zeit wird der Pferdehals eher von der Schwerkraft gebeugt und nach unten gedrückt. Eine tiefergelegte Halsbasis ist deshalb aus dem Körperprinzip des Pferdes heraus gesehen, eine in ihrem Bewegungsspielraum eingeschränkte, also funktionell instabile Halswirbelkette. Es ist das ständig herabgedrückte Stehaufmännchen – um bei dem Bild zu bleiben – das den Pferdekörper in seinen Bewegungsmöglichkeiten, aber auch den Organismus des Pferdes massiv einschränkt.

Die Dichte der Nervenversorgung um Genick, Hals und Halsbasis macht den Hals des Pferdes für uns zu einem „Nicht-Bereich“. Das heißt, er darf von uns nicht – in welcher Weise auch immer – beeinflusst, manipuliert oder „geformt“ werden. Unsere Bemühungen dürfen nur den Anreizen und Anregungen zu Handlungen oder Bewegungen gelten, nicht aber der aktiven Auf- oder Abrichtung des Halses. Der aufgerichtete Hals und der getragene Kopf sind „eine natürliche Bewegungs-Entwicklung“ die aus komplexen Komponenten im Rumpf, im Hals und Kopf des Pferdes entsteht.

Eine aktive Auf- oder Abrichtung des Halses trägt nie Früchte

Während einer aktiven Auf- oder Abrichtung des Halses, die ausschließlich über die Muskelkraft des Pferdes erfolgt, wird es vor allem in den kritischen Passagen sehr eng für die Nervenversorgung. Besonders die Wirbelkrümmungen (Genick, Hals-Brustübergang, und Lenden-Beckenübergang) sind dabei betroffen. Es bilden sich Spannungsmuster und Festigkeiten, die Bewegungsenergieräuber sind.

Wenn wir gegen den Hals und seine natürliche Ausformung und Aufrichtung ankämpfen, ihn verändern wollen und unsere Energie gegen den Kopf und Hals des Pferdes ver(sch)wenden, bilden sich an potenziellen Problemzonen, wie Ellenbogen und Knie, Ausweichmuskulaturen (bitte nicht mit Bewegungsmuskulatur verwechseln) und das Verhalten des Pferdes verändert sich. Dazu zählt das Festhalten des Pferdes, sein Widerstand, und für uns unkontrollierbare Reaktionen (Flucht), deren Ergebnis wir nicht beeinflussen können (das kann ich aus eigenen, früheren Erfahrungen sagen).

Statt das Genick fixiert „hoch- oder runterzuhalten“ und es dabei festzumachen, sollten wir uns also lieber um die Verfügbarkeit des Beckens kümmern und es aus seiner „Lendenfusion“ holen. Die wunderschöne Biegung des Halses ergibt sich dann von selbst und erzeugt die weich gerundete Oberlinie, die ab den Kopfgelenken des Pferdes beginnt – den Widerrist „einkleidet“ und weiter in den Rumpf läuft. (So ganz nebenbei: da bildet sich auch die begehrte Sattellage heraus, die uns auf dem Pferd wie auf einem Sofa sitzen lässt.

Der lange Pferdehals braucht den Rückhalt des ganzen, durchlässigen und zusammenwirkenden Rumpfes. Allein gelassen und mit steifen Rücken kann das Pferd den Hals und den schweren Kopf nur über die Muskeln des Unterhalses nach oben stemmen – der sich dabei immer mehr ausprägt. Das Pferd wird so durch die tiefergelegte Halsbasis von seinen eigenen Gewohnheiten „gezwungen“, eine gleichbleibende, starre Haltung einzunehmen. Das Fatale: innerhalb kürzester Zeit kann das Pferd alle Aktivitäten und Bewegung nur noch in einer einseitigen Position des Halses ausführen.

Das starre, verknöcherte Pferd

Im Bereich mancher Wirbel muss man deshalb eine fast absurd klingende Entwicklung beobachten: die problematischen Zonen „verknöchern“, und das Pferd wird noch unbeweglicher und steifer (aber wenigstens der Mensch kann „weiterreiten“!). Beim Genick und im Hals funktioniert so eine verknöcherte Bewegungsentwicklung nicht – der Körper muss sich andere Wege suchen. Leider bedeutet der andere Weg des Körpers – die Abnutzung der Wirbel und die Verengung der Nerven.

Bekommt das Pferd seinen schweren Kopf nicht mehr hoch, potenzieren sich die Folgewirkungen je mehr die Halsbasis abrutscht, die Atmung wird also noch mehr beeinträchtigt, die Schulter wird noch steifer und das Vorderbein noch stabilisierter, der schwere Hals liegt mehr auf der Schulter, der Oberkiefer hat noch weniger Freiheit für seine Sinneswahrnehmungen und der Unterkiefer schmerzhafte Einschränkungen für seine mannigfaltigen Kau- Atem und Bewegungsfunktionen.

Das Pferd muss sich in seinen Kiefergelenken festhalten, die Gesichtsmuskulatur plus Augen und Ohren sind angespannt und die Halsmuskulatur hat natürlicherweise keine Möglichkeiten, um eine gut aufgefüllte Oberlinie zu entwickeln. Das Pferd wird von seinem Körper zu Reaktionen gezwungen, anstatt dass sich die Bewegungsentwicklung des Pferdes durch sein Reaktionen weiterentwickelt.

Aus Bewegungsfehlern kann das Pferd lernen – aber nur, wenn der Körper so verfügbar ist, dass es sie auch verändern kann – sonst macht es immer dieselben Fehler…

Erkennen Sie die Unbalance des Pferdekörpers – ausgelöst durch seine tiefergelegte Halsbasis? Aber die zielführende Frage ist, wie das Pferd die Funktionen seines Halses einsetzen kann, um sich wieder aufzurichten? Sie selbst haben vier Möglichkeiten, um die niederdrückende Wirkung der tiefen Halsbasis zu verhindern.

  1. Sie stoppen alles, was den Pferdehals weiter nach unten drückt.
  2. Sie unterstützen die Stehaufmännchen-Funktion des Pferdehalses durch Sinnesanregungen und Bewegungsanreize – durch Bewegungsvielfalte, viele Richtungswechsel usw. (lassen Sie sich von den „biomotorischen Übungen für das Pferd“ inspirieren und nutzen Sie ihre hilfreiche Wirkung). Damit eröffnen Sie ihrem Pferd fantastische Perspektiven)
  3. Sie laden den Pferdekopf nach oben ein (diese Gegenbewegung ist der Trick der Natur). Sie merken bald, wie gut für Ihr Pferd die Entlastung seiner angespannten Strukturen ist.
    Deshalb tun Sie´s!
  4. Die wichtigste Möglichkeit ist, dass das Pferd selbst auf eine Lösung kommt, die SEINE Lösung gegen die tiefergelegte Halsbasis ist…

Was für Wirkungen und Folgen für das Pferd aus seiner tiefergelegten Halsbasis entstehen, ist noch sehr wenig erforscht, klar scheint nur zu sein, dass deshalb so viele negative Folgeerscheinung im Pferdekörper und beim Verhalten des Pferdes entstehen, weil der Körper für die Kompensation und den „Fehlerausgleich“ im Körper, viel Energie aufbringen muss. Bewegungsenergie, die dem Pferd für leichte, schwerelose Bewegungen nicht mehr zur Verfügung stehen.

Und das alles, obwohl es für uns so einfach zu erreichen wäre, den Halswirbeln des Pferdes von den Kopfgelenken bis zur Halsbasis den nötigen Raum zur Entfaltung zu geben. Jedes Ankämpfen gegen Kopf, Kiefer und Hals des Pferdes ist vergebliche Liebesmüh, raubt unsere Nerven und unseren Körper(ausdruck). Ganz klar: wenn der Pferdekopf durch unsere Handlungen das richtige Gleichgewicht findet, können die Nerven ihre Arbeit im Pferdekörper (Nervenversorgung) reibungslos ausführen. Und zwar in beide Richtungen – vom Gehirn zum Körper und vom Körper zum Gehirn.

Wir dürfen so langsam einsehen, dass wir das Körper-Verhalten des Pferdes nicht beeinflussen können. Aber wie WIR reagieren und wie viel Raum wir den Halswirbeln geben, dass liegt ganz allein bei uns. Am Hals des Pferdes wird deshalb die Sicht- und Herangehensweise der „Biomotorik“ besonders deutlich.

Ihre Monika Buhl

Die Reiterschulungen helfen Ihnen auch, ein anderes Verständnis für die Wirbel des Pferdehalses zu bekommen.

Aus meiner umfassenden Erfahrung heraus, schule ich Sie gemeinsam mit ihrem Pferd, und gebe dabei biomotorische Anregungen, wie Sie ihr Pferd dabei unterstützen können, eine körperliche Lösung für seine tiefergelegte Halsbasis zu finden.

Deshalb schauen wir uns zuerst die Einbindungen, Bewegungseinschränkungen und alle anderen schädigenden Spannungs-, Stress-, und Gewohnheitsmuster an, die das Pferd an seinen natürlichen Bewegungen und dem Aufrichten seiner Halsbasis hindert.