BIOMOTORISCHE BEWEGUNGEN

Biomotorische Bewegungen

In jeder Bewegung steckt eine Übung

„Biomotorische Bewegungen“ sind echte Tausendsassas unter den unendlichen Möglichkeiten, mit denen man ein Pferd bewegen kann. Ihre geniale Wirkung kann entstehen, weil das Pferd mit seinem eignen Körper „beschäftigt“ wird, sich neue Bewegungserfahrungen aus den alten entwickeln und sich die Bewegungen dabei quasi selbst „erneuern“. So kann das Pferd neugierig und begeistert über seine eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten immer bessere, immer leichtere, ausdrucksvollere Bewegungen mit und durch seinen Körper entdecken.

Ob Sie die „biomotorischen Bewegungen“ in ihr Bewegungsprogramm mit dem Pferd einbauen, das Pferd durch die „biomotorischen Bewegungen“ zu kadenzierten Gängen auch unter dem Sattel ausbilden, oder einem jungen Pferd gleich die richtige Orientierung in seinem Körper geben – die biomotorischen Bewegungen werden immer die Gleichgewichtsfähigkeit und Bewegungsfähigkeit des Pferdes verbessern, den Pferdekörper in seinen Wirbeln ausrichten, den Schwerpunkt nach hinten verlagern und den Pferdekörper so in seine Aufrichtung bringen.

Zusammen mit der BIOMOTORIK (bei dem die feinmotorischen Bewegungen des Menschen eine ganz wichtige Rolle spielen, kann der Mensch das Ziel verfolgen, die Bewegungsanforderungen an das Pferd so stress- und druckfrei wie möglich zu gestalten, es aber trotzdem fortlaufend in seinem ureigenen Tempo und Rhythmus im Bewegungsprozess weiterzubringen.

Werden Bewegungen dagegen stupide 1000-mal auf dieselbe Weise wiederholt, wird diese Bewegung zwar im Pferdekörper „gebahnt“ und die entsprechenden Muskeln dafür gestärkt, aber das Bewegungsverständnis des Pferdes für die erlernten Bewegungen ist nicht da. Deshalb brauchen beispielsweise fixierte Strukturen viel zu lange um sich zu lösen, und unbewegliche Gelenke behindern weiterhin die Entlastung belasteter Strukturen.

Anders dagegen bei den „biomotorischen Bewegungen“ bei denen das Pferd mit wachen Sinnen, voller Aufmerksamkeit auf den Menschen, grenzenloser Bewegungsneugier und Freude an den eigenen Bewegungen dabei ist. Eigentlich ist jede Übung ein „persönliches Kunstwerk“ des Pferdes – und in jeder Bewegung steckt eine Übung – für das Pferd allerdings nicht als „Übung“ erkennbar, weil sich alles für das Pferd nach Spiel anfühlt.

Den größten Verdienst haben die „biomotorischen Übungen“ freilich, weil das Pferd seine Bewegungsfähigkeit in den Wirbeln und die Gelenkfreiheit steigern kann, sich selbst von Spannungen lösen und Festigkeiten wieder in Bewegung wandeln kann. Sie sind damit der perfekte Ausgleich zu einseitigen, einschränkenden, oder auch festhaltenden Bewegungen unter dem Sattel. Das Pferd kann sich selbst von der Druckbelastung der Reiterlast befreien, die auf schleichende Weise vor allem die Atmung des Pferdes verringert und fortlaufend abflacht.

Statik ist ruhige Dynamik im Gleichgewicht
Statik ist das Gegenteil von Stabilisierung, denn in der Statik befinden sich alle Kräfte ruhend im Gleichgewicht. Natürlich fällt es dem Pferd leichter, sein Gleichgewicht in einer schnellen Bewegung zu halten. Aber die negativen Folgen von „nur“ schnellen Bewegungen sind Ermüdung, Überlastung, Überanstrengung und muskuläre Dysbalancen. Genauso wie mechanisches „Zurückhalten“ die muskulären Verspannungen des Pferdes erhöhen.

Je umfassender man das Bewegungssystem des Pferdes betrachtet, desto deutlicher wird es: das Pferd ist nicht zur mechanischer „Formung seines Körpers“ gebaut. Um Muskeln geschmeidig, Strukturen elastisch und Gelenke flexibel zu halten, muss erst die langsame Bewegung vom Pferd erfahren werden und von innen heraus mit „gleichem Gewicht“ des Körpers ausgeführt werden, um dann auch der Schnelligkeit gesteigert werden zu können.

„Biomotorische Bewegungen“ sind unter der Führung der neuronalen Netzwerke
Unter der Führung seiner neuronalen Netzwerke findet das Pferd zu feinmotorischen Bewegungen – also zur Bewegung ohne Bewegung, aber mit allen Möglichkeiten und Fähigkeiten des Körpers. „Biomotorische Bewegungen“ sind ein Körperprozess des Pferdes – aus wahrnehmen, umsetzen, selbst korrigieren, erneut probieren und abspeichern. Mit solchen Voraussetzungen kann das Pferd sein Verhalten auch optimal auf den Menschen abstimmen.
Die Art und Weise, wie das Pferd aus sich heraus Bewegungen „lernt“, zeigt uns die Möglichkeit, wie „sinnvoll“ es ist, Bewegungen erst wahrzunehmen, zu verarbeiten und dann mit seinem ganzen Bewegungssystem zum Ausdruck bringen kann.

Die Differenzierung und die eigene Beschränkung der Informationen ist ein weiteres Merkmal der Strategie der neuronalen Netzwerke. Würde jeder im Gehirn des Pferdes eintreffender Impuls, Anreiz oder Information bewusst verarbeitet werden, wäre das Pferd in unserer „lauten“ Welt, schnell von Stress geplagt. Das differenzierende Pferd dagegen kann mit dem Abgleich seiner gemachten Erfahrungen, immer besser „sortieren“ und wird dadurch gelassener und selbstbewusster.

Im Körperbewusstsein des Pferdes liegt das Potential zur Veränderung im eigenen Körper und außerdem zur Entfaltung des ganzen Bewegungssystems, weil es sich fortlaufend selbst verbessert und eigenständig „lernt“. Neue Bewegungsverbindungen werden aufgebaut und die für Gleichgewicht und die Bewegungsfähigkeit wichtigen Strukturen weiter „trainiert“ (Aufrichte- und Tragemuskulaturen). Der Pferdekörper bringt sich in eine ausgeglichene Erneuerung, weil gespannte Strukturen ersetzt werden.

Wie positiv sich das auch auf bereits geschädigte Bewegungen auswirkt, kann man an vielen Erkrankungen beobachten, bei denen vor allem Einschränkungen des Bewegungs- oder Atemsystems, (Erleben und Verhalten) die motorischen Aktivitäten des Pferdes einengen. Oft gehen Sie ja mit der Folge von verringerter Kondition (innere Organe) einher, was wiederum zu Ausweichbewegungen und Lahmheitsmechanismen (Bewegungskontrolle) des Pferdes führt.

Bis es so weit ist, dass die eigenen Bewegungserfahrungen die Körperorganisation angeben können – und warum wir gerade heute, mehr denn je – der Gleichgewichtsfähigkeit und der Bewegungsfähigkeit in der Pferdeausbildung den Vorrang geben müssen, zeigt ein Blick in die Umgebung und den Alltag des heutigen Pferdes, in der das Pferd kaum noch Möglichkeiten hat sich über Bewegungsanreize der Umwelt von den Druckbelastungen der Reiterei auszugleichen.

Doch ist das Pferd erstmal in den Möglichkeiten seines Körpers ausgeprägt, hat es eine wirklich geniale Körperkonstruktion, um geritten zu werden. Der dreimal gekrümmten Wirbelkette des Pferdes sei es gedankt, die in ihren paraspinalen Strukturen entwickelt, sogar den Druckbelastungen des Menschen widerstehen kann, und das Reitergewicht damit zum Vorteil für das Pferd wird, indem die Bewegungen ausdrucksvoller, tiefer und „getragener“ werden.

An diese „das Ganze betreffende“ Sicht von Bewegung, möchte ich Sie auf meiner Seite heranführen.

BIOMOTORIK – Bewegung ist Leben und Leben ist Bewegung