der Sitz der aus dem Körper kommt
Die Aufgabe des Körpersitzes ist es dem Pferd Belastung abzunehmen. Bei den Zügelhänden spreche ich also davon, wieviel Genickbelastung man dem Pferd mit den Händen abnehmen kann und beim Reiterkörper, wie angenehm er dem Pferd die Rückenlast des Reiters macht.
Während das Pferd seine „Reitreife“ erlangt, werden WIR in die Pflicht genommen, das Pferd bei der erhöhten Beanspruchung des Reitens mit unserem Körper zu schützen und zu unterstützen. Ein Körpersitz ist nur so gut, wie er das Pferd in seinem Bewegungsorganismus nicht stört, es einschränkt oder die inneren – die organischen Bewegungsabläufe nicht unterdrückt.
Damit bekommt ihr Körpersitz eine ganz besondere Wichtigkeit: denn jede Bewegung des Pferdes die über Spannung aufgebaut ist, verhindert den Bewegungsausdruck des Pferdes und bedeutet eine fortlaufende Schädigung des Pferdes. Ein mechanischer Bewegungsaufbau – weil der Reiter selbst starr, steif und festgehalten ist, ist nicht nur aus reiterlicher Sicht, sondern aus Verantwortung dem Pferd gegenüber abzulehnen und sollte geahndet werden.
Der nicht störende „Reitersitz“
Nur durch entsprechende Reize und Impulse des Reiters (Interaktion) lernt das Pferd mit den erhöhten Anforderungen an seinen Körper umzugehen und entsprechende Strukturen und Muskulatur aufzubauen, regt aber gleichzeitig auch die Selbstwirksamkeit des Pferdes an. Ein Pferd kann sich nicht allein interagieren. Und wenn seine „Trainingspartner“ nur mechanische Techniken sind, wird das Pferd eben auch nur wie eine mechanische Marionette laufen.
Der Körpersitz ist also das, was wir mit unserem Körper leisten müssen, um das Pferd gesund zu erhalten und dabei seine dynamischen genauso wie die organischen Bewegungen zu bewahren. Oder anders ausgedrückt: wie wir den Pferdekörper mit unserer Reiterlast nicht belasten.
Es beginnt meistens ganz schlecht für das Pferd
Wenn der Mensch das erste Mal auf das Pferd kommt, schaut er erstmal tunlichst danach, dass er nicht vom Pferd fällt. Also wird er sich versteifen, zusammenziehen und rund machen. Diese Spannungen – und auch das reflexhafte Verhalten, das daraus entsteht, bleiben für viele unverändert die körperliche Grundlage ihres Reitens und manifestieren sich als Gewohnheiten. Sie reiten also ein Leben lang so, als wenn man mit einem verstimmten Instrument spielt.
Die „geschlossene Haltung“ des Reiters
Am besten kann man beim Leichttraben beobachten, was dem Reiter an Geschmeidigkeit fehlt. Dieser Reiter neigt den Oberkörper etwas nach vorne, um das Gewicht auf die Füße, und zwar hauptsächlich auf die Fersen zu verlegen, bevor sich der Reiter im Sattel erhebt. Bei dem beschriebenen Vorgang hat der Reiter gleich noch die Arme nach vorne genommen, die Schulterkugeln fallen durch die Nackenspannung nach vorne und der Kopf wird mit festem Unterkiefer geneigt. In der Phase des Hebens vom Sattel, liegt das ganze Gewicht auf den Fersen (beim Pferd zieht es an den Wirbeln), was die runde Haltung zusätzlich verstärkt.
Beim Einsitzen in den Sattel wird der Reiter die runde Körperhaltung (mit starrem Rücken) beibehalten. Damit schiebt er dem Pferd die volle Reiterlast auf die Schulter – gegen die sich das Pferd stabilisieren muss. Ist das Pferd im Kopf fixiert, kommt es völlig aus seinem natürlichen Bewegungsablauf: in der Natur würde das Pferd den Kopf heben und mit der Verlagerung des Schwerpunktes nach hinten für die Entlastung der empfindlichen Vorhand sorgen.
Das kann das Pferd aber unter einem unausbalancierten Reitersitz nicht, der belastend im Pferderücken sitzt, die Vorhand strukturell von der Hinterhand abkoppelt und den schweren Kopf/Hals des Pferdes zur alleinstehenden Haltearbeit zwingt. Durchlässigkeit sieht anders aus. Organische Bewegungen auch.
Die Entlastung der Vorhand durch den Reitersitz ist der beste gesundheitliche Schutz
Sitzt der Reiter belastend und Bewegungsstörend auf dem Pferd, besteht die Gefährdung des Pferdes nicht nur durch die Reiterlast und das mechanische Equipment, sondern auch durch die Erschütterungen im Trab und Galopp – aber auch beim steifen Schritt ohne Gelenkeinsatz. Nur der Reiter, der es schafft durch das Eingehen in die Bewegung des Pferdes die Vorhand zu entlasten, kann das Pferd auch beim Reiten schützen, weil es andere Strukturen aufbauen kann.
Die Beine des Pferdes machen das Reiten
Wo statt Muskulatur, gering durchblutete Strukturen sind, so wie in den Beinen des Pferdes, ist das Pferd abhängig von seiner Bewegung. Fußt das Pferd aber durch die falsche Belastung des Reiters und der veränderten Motorik seiner „großen Gelenke“, nur teilweise, punktuell (auf der Tracht) oder vielleicht nur mit 50% auf, kann die Blutpumpe im Huf, kaum Durchblutung durch die Strukturen schicken. Erst im koordinierten Bewegen aller vier Beine, und dem weichen abrollenden Auffußen des zentrierten Hufes fließt auch das Blut wieder in die Beine des Pferdes.
Der geschlossene, unausbalancierte „Reitersitz“ des Menschen, geht zu Lasten des Pferdes
Knieprobleme, Hufrehe, Sehnenverletzungen, unklare Lahmheiten, Gelenksveränderungen und Arthrosen, sind nur einige der möglichen Folgen und das Schreckgespenst des Reiters (auch weil er dann nicht reiten kann). Der Körpersitz, der in die Bewegung des Pferderückens eingehen kann und unter dem die Beine aus den kleinen Gelenken heraus auffußen können, schützen das Pferd vor Schädigungen und den Reiter vor kostspieligen Reitpausen.
Die „Körperoffene“ Haltung des Reiters ist der gelassene Sitz
Da wir die „Körperoffene Haltung“ normalerweise nur in vertrauter Umgebung zulassen können, müssen wir sie unserem Körper durch bewusste, ausbalancierende Bewegungen beibringen. Dazu kommt, dass uns auch die Gewohnheitsbewegungen im Weg stehen, denn bereits Kindern wird das „gerade“ sitzen (den runden Rücken durchdrücken) und sich so aufrichten, dass der Rippenkorb flach wird, beigebracht. So versteinern wir durch unsere Alltagsbewegungen.
Reiter tun alles für ihre Pferde: Max Habel hat mal gesagt, sie würden auch Gummibärchen füttern, wenn sie sich einen Erfolg versprächen. Nur mit der Schulung ihres eigenen Körpers, der sofort, direkt und unvermittelt zwischen Erfolg und negativen gesundheitlichen Konsequenzen entscheidet, sind Reiter doch eher gerne zurückhaltend. Die Argumente sind vielfältig…
Die immerwährende Körperschulung, auch der „guten Reiter“ sollte zur Normalität werden. Damit hätten wir so richtig viel für das Wohlbefinden des Pferdes getan. Denn leider muss man beobachten, dass je „besser“ ein Reiter mechanisch reitet und SEINE „Erfolge“ dabei hat, desto weniger glaubt er eine Weiterbildung in feinem körperlichem Reiten zu brauchen. Es funktioniert ja irgendwie – nur leider auf Kosten des Pferdes.
Sie sehen, die Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen um ihren Körper „im Griff“ zu haben, gehört unbedingt zum „Reiten lernen“ oder zum „Reiten verbessern“ dazu. Reitlehrer sollten in die Pflicht genommen werden ihre Schüler auf die wichtige Schulung ihres Körpers aufmerksam zu machen. Der Erfolg eines Reiters misst sich nicht in Medaillen oder Platzierungen, sondern allein dadurch, dass der Reiter beim Reiten in der Lage ist, die organischen Bewegungen des Pferdes zu befreien. Was ist das Reiten sonst wert?
Für manche mag es erst mal ungewöhnlich sein, das Reiten über den Körpersitz aufzubauen, aber es ist der einzige Weg, um mit dem Pferd zu einer gemeinsamen Reitbeziehung zu kommen.
Monika Buhl
In der Reiterschulung Teil I am 28. September und am 16. November in 74889 Ehrstädt geht es um den „Körpersitz“ – und natürlich um „reitbezogene“ Bewegungen, mit der sie zu einem angepassten Sitz kommen.
Am 12. Oktober gebe ich in Bad Oeynhausen die Reiterschulung Teil I: der Körpersitz – der Sitz, der aus dem Körper kommt.
Und am 19. Oktober geht es wiederum in Ehrstädt im zweiten Teil der „Reiterschulung“ um die Reitfertigkeiten ihres Reitersitzes.
Der Körpersitz
Wenn sich das Reiten für den Menschen unsicher, belastend oder anstrengend anfühlt, dann hat der Mensch seine größte Stärke noch nicht ausgespielt – und zwar sich mit dem Pferd in gemeinsamen Bewegungen zu verbinden und so in die Pferdebewegung einzutauchen.
Die größte Stärke des Reiters liegt in seiner Fähigkeit, in seinen Bewegungen seine Bewegungsfähigkeit widerzuspiegeln und so im Pferd den Wunsch nach gemeinsamen Herausforderungen und damit zum körperlichen Wachstum und der „Reifung“ zu wecken.
Monika Buhl