Stellen Sie sich einen ganz normalen Tag im Alltag mit ihren Pferden vor. Sie haben gut geschlafen und fühlen sich am Morgen frisch, ausgeruht und unternehmungslustig. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass ein wunderschöner Tag zusammen mit ihren Pferden auf Sie wartet.
Also räkeln Sie sich noch etwas in den Federn, recken und strecken dabei ihren Körper, um ihn auf den kommenden Tag vorzubereiten. Geschmeidig, leichtfüßig und federnd in Rumpf und Gelenken – durchgängig bereit von Kopf bis Fuß, stehen Sie auf und gehen zu ihren Pferden…
Ein ganz normaler Tag also…
Für die meisten leider nicht!
Bei vielen meldet sich schon vor dem Aufstehen der Körper. Die Schultern und Nacken schmerzen, die Muskeln fühlen sich steif an, die gesamte Wirbelkette ist nicht mehr so frei beweglich wie früher und die Rückenbasis wird gefühlt jeden Tag fester. Seit kurzem meldet sich das Knie und irgendwie hat man das Gefühl, dass der ganze Körper nicht mehr gehorcht und die Funktionen unseres Körpers verlangsamt sind (z.B. im Bereich von Magen und Darm oder die Fähigkeiten des Verstandes)
Die verbindende Durchgängigkeit fehlt an allen Ecken und Enden und so muss man bei vielem, was man „dagegen“ macht, bemerken, dass man sich eigentlich immer weiter vom freien Zusammenspiel des Körpers entfernt. Die guten körperlichen Phasen wechseln sich mit den schlechten Phasen immer häufiger miteinander ab, und im Miteinander mit anderen stellt man eine ungewohnte Reizbarkeit fest. Das ganze Leben ist irgendwie mühevoll geworden, die Leichtigkeit verflogen.
Anfangs gibt es noch genügend „gute Erklärungen“ dafür – denn wir „gewöhnen“ uns ja schnell an unseren Körper – oder besser gesagt, unser Körper gewöhnt sich an unser Tun. Sogar Empfindungen liegen wie Steine im Magen, mit der Folge, dass Körper und Gesicht sich verspannen. Leider empfinden viele Menschen ihre Spannungen meistens erst wenn es schon zu schmerzhaften Dauerspannungen der Muskeln gekommen ist. Das natürliche Nebenprodukt der körperlichen Un-bewegungsfähigkeit ist übrigens Erschöpfung…
Also bemerken wir, dass wir nicht mehr so leistungsfähig und immer öfter müde und abgespannt sind. Die Spannungszustände im Körper haben irgendwie das „Sagen“ übernommen und verziehen die Gelenke bei jeder Bewegung ein bisschen mehr. So wird auch die Feinmotorik von Händen und Füßen heruntergefahren (die sonst den Kreislauf in Gang halten). Also leidet der Kreislauf auch. Und damit natürlich auch der „Wechsel der Stoffe“ – der Stoffwechsel.
Die fehlende Durchlässigkeit
Und was tun wir? Wir vermeiden Bewegung! Das Laufen wird eingestellt, das Sofa wird größer, das Bett weicher und auch beim Pferd tun wir alles Mögliche, um die Bewegungen des Pferdes zu vermeiden, die WIR mit unserem Körper nicht mehr leisten können. Fast unbemerkt und schleichend verliert der Körper dabei seine Durchgängigkeit und Durchlässigkeit. Was nichts anderes bedeutet als dass die Gefäßelastizität runtergefahren, isoliert und abgeklemmt, unelastisch – oder verengt wird.
Trügerische Bewegungen
Unsere Muskeln reagieren primär auf Stress – deswegen so rasch, situativ und reaktiv, weil sie uns vor einer drohenden Gefahr schützen wollen. Die Muskelanspannung und die Aktivierung der Sinne macht uns eigentlich reaktionsbereiter. Dieser uralte Reflex wurde uns von der Evolution mitgegeben und ist noch bis heute in unserem Körper aktiv und aktivierbar. Aber eben nicht, wenn wir alles, was mit Bewegung zu tun hat, vermeiden! Damit lehnen wir unsere ureigene Bewegungsenergie ab, weil sie in einer Form erscheint, die unserem festgehaltenen Körper missfällt.
Wir verstärken Gewohnheiten und lassen Bewegung nicht mehr zu
Das gute und sinnvolle Vorgehen der Natur, um unsere Gelenke vor Belastungen zu schützen – entwickelt sich zum chronisch gespannten Dauerzustand, weil wir keine „auflösenden Bewegungen“ mehr haben. Dann treten negative Emotionen in Kraft und aktivieren den isolierten Aufbau von negativ geladenen Muskeln. Und das verändert den strukturellen Aufbau von Muskeln – besonders im Schulter-Nacken-Bereich. Die verfestigte Halsbasis, die Schultern und die Rückenbasis wird vom „Gefahrenanzeiger“ zur „Gefahrzone“ Nummer eins für unseren Körper.
Ehemals leistungsfähige Muskelzellen werden dann schnell vom Organismus in „passives“ Bindegewebe umgebaut. Dieses Bindegewebe besteht dann entweder aus Dauerkontraktionen – also aus Spannungsmustern oder aus Fettzellen. Das schützt zwar primär die Gelenke, hat aber in Dauer einen Funktionsverlust des Körpers zur Folge. Durch die dauerhafte Anspannung wird das betroffene und verspannte Gewebe deutlich schlechter durchblutet. Wiederum ist die Durchlässigkeit betroffen.
Der gebildete Mensch macht die Natur zu seinem Freund. Schiller
Der runde Rücken ist „normal“ geworden – genauso wie die nach vorn geklappten, festgehaltenen Schultern. Nach außen hin, für alle gut sichtbar, zeigt uns der Körper mit seinem runden Rücken, das er mit zusammengefalteten Rippen den Atem wegdrücken muss (atmen sie mal mit rundem Rücken in den Bauch – das sieht lustig aus!). Unser in seinen Strukturen angestrengte Kopf, der immer wieder nach vorne fällt, signalisiert eindeutig, wie wenig belastbar wir geworden sind. Leider sind Kinder und Jugendliche davon nicht ausgenommen.
Was passiert dabei im Körper?
Im Spannungszustand unseres Körpers leisten über 50 Billionen Zellen Schwerstarbeit um den Körper trotzdem intakt und beweglich und die automatischen Körperfunktionen so gut es geht, AUFRECHT zu erhalten. Die Muskeln strengen sich an, um die Beine so einzustellen und zu verschieben, dass der Körper nicht umfällt – mit jeder Konsequenz. Während das Nervensystem jede Gelenkbeugung genau berechnen muss, bekommen wir erstmal nicht viel von dieser enormen Anstrengung mit (chronische Müdigkeit!). Denn das läuft alles autonom im Hintergrund unseres Körpers ab.
Während wir uns tatsächlich noch vor 100 Jahren vor der körperlichen Überbelastung des Alltags schützen mussten, die ein ernsthaftes Problem für dem Menschen von damals waren und deshalb Gymnastik und das Erlernen von neuen Bewegungen als „die Lösung“ erfunden wurden, müssen wir uns heutzutage vor Bewegungen schützen, die den Zusammenhang des Körpers – seine Durchgängigkeit und seine Durchlässigkeit von oben nach unten – bedrohen.
Lösende Bewegungen
Deshalb macht die „Biomotorik“ das Logischste der Welt – sie gibt dem Körper das, was ihm HEUTE fehlt. Unsere Körper brauchen lösende Bewegungen – nicht anspannende! Wir brauchen wieder die Neugier unseres Körpers, sich auf Bewegungen einzulassen. Denn während sich der Körper bei lösenden Bewegungen dynamisch „entspannen“ kann, kann er seine Durchgängigkeit fühlen. Wenn wir unsere Bewegungen also voll und ganz erfahren und zulassen können – dann stellen Bewegungen auch kein Problem mehr dar, und wir müssen sie nicht vermeiden.
Bewegungen als Chance
Und da unser Körper diese Anreize, die zusammenhängende Bewegungen auslösen, in unserer zubetonierten Welt heute nicht mehr – oder kaum bekommt – müssen wir sie dem Körper als quasi „Bewegungsergänzung“ zuführen. Wir können wieder lernen, wie unser Körper mit seinen Bewegungen umgehen muss – das ist sogar einfacher als „Neue“ zu erlernen – denn die ursprüngliche Bewegungsfähigkeit ist angeboren – sie ist ja die Gebrauchsanweisung für ihren Körper.
Geben Sie ihren Schultern die Chance ihren ganzen Körper umzubauen und ihn aufzurichten
Wenn unser Körper die Fähigkeit zu verbindenden Bewegungen zurückgewonnen hat, können wir unsere Bewegungen zum Vorteil unseres Körpers nutzen und sogar unsere alltäglichen Bewegungen für unseren Organismus „wertig“ machen. Wie zum Beispiel, wenn die Schultern den Rücken lösen, weil wir sie in jede Bewegung mit einbeziehen.
Und WARUM genau sollten wir Bewegungen nicht auch zu unserer Freude und zur Freude unseres Körpers (und unseres Pferdes) ausführen und damit die Leichtigkeit aus unserer Kindheit zurückholen?
Wie sie ihrem Körper dazu die Möglichkeit geben können – das erlebt Ihr Körper in den „Reiterschulungen“ am eigenen Leib.
Am ersten Tag sind die Bewegung der „Placements“ am Boden (ohne Schwerkraft) die lösende Vorstufe. Um damit am zweiten Tag zu den aufgerichteten Bewegungen (mit Schwerkraft) zu gehen.
Ihre Monika Buhl