Vielleicht ist es für den Menschen zur traditionellen Gewohnheit geworden, das Pferd auf Bewegungen zu dressieren und abzurichten, ohne auf die körperliche Entwicklung des Pferdes zu achten und ob sein Organismus und begleitende Atem dazu schon bereit ist.
Vielleicht glaubt der Mensch aber einfach nur, dass er in das System des Pferdekörpers eingreifen und über die Entwicklung seiner Bewegungen bestimmen kann, weil es auch beim Reiten „normal“ geworden ist, über den Pferdekörper zu bestimmen und ihn zu kontrollieren.
Vielleicht ist es aber auch nur eine positive Absicht des Menschen, aus dem Gefühl heraus, dem Pferd „helfen“ zu wollen – und es kommt einfach nur ganz schlecht an…Am wahrscheinlichsten ist es, dass den Menschen die eigene Ungeduld antreibt, vom Pferd schnell, schnell Bewegungen zu verlangen, damit der Mensch schneller zu seinen Wünschen und gesteckten Zielen kommt.
Aber ganz gleich, von welcher Seite man es auch betrachtet, die Tatsachen sind unzweideutig: die Pferde von heute haben mehr Probleme mit ihren Bewegungen, sind in ihrem Verhalten „auffälliger und leiden unter mehr chronischen Krankheiten (z.B. Atemerkrankungen und ihre Folgen) als in früheren Zeiten.
Man findet heute kaum noch ein Pferd, dass nicht einen Osteopathen oder andere Therapien, einen besonderen Hufbeschlag, oder Erklärungen darüber braucht, wie sich das Pferd „besser“ bewegen müsste. Und es gibt kaum noch ein Pferd, dass keine Stoffwechselerkrankung, Allergien, Ekzeme, Asthma, Arthrosen hat und von Fachleuten betreut werden muss.
Die vielfältigsten Therapeuten, Pferdetrainer, Pferdebeschäftiger und viele weitere Vertreter ähnlicher Berufe oder -berufener erfahren in der heutigen Zeit einen regen Zulauf durch Reiter und Reiter, die Hilfe für ihr Pferd suchen. Und natürlich – ein Pferd ganz jung zu „bekommen“ und selbst „auszubilden“ gilt als chic und dafür und für die daraus entstehenden Probleme werden Internetforen und Chatrooms zuhauf kontaktiert. So füllen Ratgeber und „Ausbildungspraktiken“ – von jemand, der es besser weiß – mittlerweile ganze Regale in Buchhandlungen.
Ich möchte wirklich niemand seine Fähigkeiten darüber absprechen – aber als Einstimmung zu diesem Thema möchte ich mit Ihnen eine kleine Geschichte aus dem Roman „Alexis Sorbas“ teilen (Nikos Kazantzakis):
„Ich erinnere mich an einen Morgen, an dem ich auf einem Baume eine Schmetterlingspuppe entdeckt hatte. Der Schmetterling hatte gerade die Hülle gesprengt und schickte sich an, auszuschlüpfen. Ich wartete lange, ungeduldig, denn ich hatte es eilig.
Ich beugte mit darüber und begann, ihn mit meinem Atem zu wärmen. Ich hauchte ihn ungeduldig an, und das Wunder des Lebens begann sich vor meinen Augen in einen rascheren Ablauf als natürlich zu entfalten. Die Hülle öffnete sich ganz und der Schmetterling kroch heraus. Aber nie werde ich mein Entsetzen vergessen: seine Flügel waren noch gekrümmt und zerknittert. Der kleine Körper zitterte und suchte sie zu spannen – aber es war unmöglich.
Ein allmähliches Reifen war nötig – die Flügel hätten sich langsam in der Sonne entfalten müssen. Nun war es zu spät. Mein Atem hatte den Schmetterling gezwungen, zu früh auszukriechen. Er zappelte verzweifelt und starb nach einigen Sekunden auf meiner flachen Hand. Diese kleine Leiche, glaube ich, ist die schwerste Last, die mein Gewissen bedrückt. Heute begreife ich erst richtig, was es bedeutet, die ewigen Gesetze zu vergewaltigen. Wir haben die Pflicht, dem ewigen Rhythmus der Natur mit Vertrauen zu folgen“.
Obwohl wir so viel Zugang zu den verschiedensten Ausbildungs- und Wissensbereichen, Ratschläge und gut gemeinter Empfehlungen rund um das Pferd haben wie nie, wird die Suche nach der „richtigen“ Ausbildung des Pferdes nicht einfacher, sondern schwieriger. Vor allem wenn gleich mehrere „Auffälligkeiten“ des Pferdes vorliegen, zum Beispiel Unrittigkeit, Aggressivität, Triebigkeit, Bewegungsunlust, Widersetzlichkeit, die zusätzlich durch Husten, Headshaking, Arthrosen, PSSM oder andere Muskelerkrankungen, Stoffwechselgeschichten usw. erschwert werden.
Im Allgemeinen wir man dabei von verschiedenen Ursachen ausgehen und damit auch Anläufe auf die verschiedensten Hilfen und Unterstützungen nehmen. Dass dabei viele Dinge zusammenhängen, sich hemmen, unterstützen oder abschwächen und sich aus Handlungen des Menschen ergeben, wird dabei im großen Reigen der Erklärungen und Begründungen GERNE NICHT berücksichtigt.
Es ist die Zusammenarbeit des Menschen mit dem Atemfluss des Pferdes
Um Verständnis für die übergeordnete Wichtigkeit des Atemflusses zu bekommen, ist es erforderlich und notwendig, einige in der traditionellen Pferdeausbildung vertraute Denkpfade zu verlassen, sich ein Stück zurückzulehnen und den Pferdekörper, sein Körpersystem, das Verhalten des Pferdes und das Funktionieren seines Organismus aus einer anderen Perspektive zu betrachten…
…und zwar aus der Sicht der Atembewegung im Pferdekörper!
Denn allen bisherigen Erklärungsmodellen zu der Frage, WARUM wir immer mehr Pferde mit Entwicklungsstörungen, chronischen Atemkrankheiten, Stoffwechselstörungen und Muskelerkrankungen haben – fehlt bislang die URSÄCHLICHE Begründung.
Und vor allem fehlt sie dann, wenn man ernsthaft was daran ändern möchte.
Die Atembewegung des Pferdes muss leicht, durchlässig und selbstverständlich sein
Wieviel Sinn macht also eine Therapie, die die Schäden im Pferd zu reparieren versucht, die der fehlende Atem zuvor in seinem Körper angerichtet hat – um dasselbe nach der Therapie weiter fortsetzen? Ist es nicht viel „sinnvoller“ das Pferd in SEINEM Atemprozess zu begleiten, in seiner persönlichen Körperentwicklung, die in seinem Tempo und seinem Rhythmus (siehe die kleine Geschichte oben) stattfinden muss. Und um es dann und dabei gerne mit den passenden Therapien zu unterstützen.
Atem braucht Raum…
Wir tun gut daran, wenn wir im Pferdekörper – für das was das Pferd für seine „äußerlichen“ sichtbaren Bewegungen braucht – innerliche Bewegungsräume entstehen lassen – denn der Atemverlauf des Pferdes braucht seine Zeit, um sich an die Erfordernisse und Aufgaben beim Menschen anzupassen. Letztendlich können wir in den Bewegungen des Pferdes – wie bei allem – nur dass „ernten“, was wir zuvor auch gesät haben. Ein Bauer, der im Frühjahr Weizen sät, wird später keinen Hafer ernten können. Und wenn wir im Pferd Bewegungen ohne Atem „züchten“ – wird es später auch nur Bewegungen ohne Atem zeigen können.
Die Entwicklung der Atembewegungen
Es ist klug, ein echtes Verständnis für die Schwierigkeiten und Probleme DES PFERDES zu bekommen, statt sie bloß zu bekämpfen und weghaben zu wollen. Und Verständnis für das Pferd, seinen Körper, sein Verhalten und seine Schwierigkeiten zu bekommen, darin besteht für mich die wirkliche Aufgabe in einer Pferdeausbildung. Es darf dabei gern ein oft genutzter Grundsatz werden, darauf zu achten, was das Pferd gerade in seinen aktuellen Bewegungen, in seinen Körpersignalen und in seinem Verhalten anzeigt, oder eben aus den oben genannten Gründen nicht zeigen kann.
Interessieren Sie die Möglichkeiten, die die Biomotorik ihres Pferdes bietet, um deutlich zu machen an welchen Hindernissen im Pferdekörper der Atem scheitert, oder nicht durchkommt und was ihn einschränkt?
Und/oder möchten Sie ihrem Pferd nicht nur für Reitbewegungen das bestmögliche bieten, sondern auch die größtmögliche Potentialentwicklung für seinen Atemprozess und seine Bewegungsentwicklung geben?
Dann besuchen Sie mich doch per email biomotorik@gmx.de oder in Facebook unter „die Biomotorik des Pferdes“ und „Monika Buhl – Atembewegungen“.