Das Pferd „am Sitz“ reiten – „Sitzhilfen“ und wie Sie „Sitzfehler“ vermeiden
Reiten ist wie ein gutes Gespräch – jede gemeinsame Bewegung ist dabei wie ein Wort, man führt einfach und lässig dahinplaudernd, ein leichtes und anregendes Gespräch mit dem Pferd.
Sitzfehler und Sitzhilfen
Das Pferd „am Sitz haben“ bedeutet den Pferderücken sanft und einfühlsam zwischen den – in den Hüften ausgedrehten – Reiterschenkeln zu „rahmen“. Sie begleiten die Bewegung des Pferdes und geben ihm dabei die Sicherheit, seine eigenen Bewegungen zu finden. Wie wichtig für das Pferd diese Begleitung ist, sieht man, wenn der Reiter seinen „Sitz“ – also seine sensible Beckenbewegung aufgibt. Das Pferd beginnt zu „schwimmen“, denn diese falsche „Sitzhilfe“, „erlaubt“ dem Pferd, mit der Hinterhand seitlich auszuweichen.
Durch „Sitzfehler“ des Reiters wird ein Dialog schnell zum „Streitgespräch“. Wie oft fälschlich angenommen ist z. B. eine Gewichtsverlagerung des Reiters mehr ein „Sitzfehler“ als eine „Hilfe“, der das Pferd aus seinem Bewegungsfluss bringt, und die Koordination blockt. Der Reiter fixiert dabei mit der lastaufnehmenden Hüfte das Pferdebein und behindert seine Bewegung.
Das Pferd mit dem Körper reiten
Sie sehen, um das Pferd mit unserem Körper zu reiten, brauchen wir – „unseren Körper“. Es kommt auf eine natürliche, im Rücken losgelassene Haltung an – die sich gerade nicht festhalten darf, weil sich das auf die Mechanik unserer Bewegungen auswirken würde, und die Bewegung des Pferdes im Rücken und Becken nicht mehr annehmen kann. Wer seinen Rücken festhält mutet seinem Pferd (und seinen Wirbeln) eine andauernde Fehl- und Überbelastung zu.
Die Ursachen in ihrem Körper, für eine einseitige Hüfte, die ihre Bewegungsenergie in die Schulter des Pferdes hineinschiebt (mit der die Schulter des Pferdes nicht umgehen kann) sind oft der Stress und die Verspannungen des Alltags. Wenn wir gestresst unter Druck stehen (und wer tut das heute nicht) gehen wir gebückt – unsere Schultern sind nach vorn und nach oben gezogen und der Rücken ist gekrümmt. Keine besonders guten Voraussetzungen für das Pferd!
Haben Sie schon mal die „Placements“ versucht?
Die „Placements“ sorgen dafür, dass der Rücken beweglich und die aufgerichtete Wirbelkette vom Becken getragen wird. Das Becken richtet sich dabei auf (die Vorstellung Sitzbeinhöcker über die Fersen ziehen ist hilfreich). Ihre Wirbelkette kann ihre natürliche S-Form einnehmen, um in allen natürlichen Krümmungen beweglich zu sein, bewusst gesteuerte Stabilität zu erzeugen und gleichzeitig die Bewegungen nach oben und nach unten abfedern zu können.
Wenn Sie den „Placements“ folgen, greifen Sie sehr direkt auf Ihr motorisches System im Gehirn zurück und modifizieren eine natürliche Haltung, die das Pferd versteht. Die „Placements“ bewirken, dass Ihr Gehirn die richtigen Befehle an die Muskeln gibt. Sie führen ihre Bewegungen viel natürlicher und körperschonender (und Pferdeschonender) aus, als wenn Sie versuchen würden, alle Muskelgruppen gezielt zu kontrollieren. Außerdem sprechen Sie genau jene Muskeln an, die bei Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich Beschwerden bereiten.
Unsere Schultern entspannen sich, positionieren sich über der Hüfte und werden von den Hüften (und dem Rücken) ausbalanciert. Wir atmen frei, was wiederum das Brustbein und das Zwerchfell, unseren Atemmuskel, entspannt. Unser Gesichtsausdruck wird sanft und die Falten glätten sich. Das alles (also eher die Schultern – nicht die Falten) interessiert das Pferd sehr, weil ihre Arme nun – ohne reflexhaft zu ziehen – in das Maul des Pferdes federn können – mit der Wirkung, dass sich das Pferd im Genick loslassen kann.
Und selbstverständlich muss sich das Bein in der Hüfte ausdrehen können s.o. Eine Hüfte, die sich festhält und ein starres Becken sind die Hauptschuldigen für die „direkten Sitzfehler“ (falscher Körperkontakt) – wie z.B. für die „schiebende Hüfte“. Natürlich ist über das Becken und das Rückenmark auch das Gehirn mit den letzten Winkeln unseres Körpers verbunden. Faktisch „schieben“ Sie also mit all ihren Muskeln und ihrem Gehirn! Keine angenehme Vorstellung.
Wie wichtig zum Reiten unsere Wirbelkette ist, merken wir, wenn sie in den einzelnen Wirbeln nicht mehr optimal funktioniert, unser Rücken starr wird – und die freie Kommunikation des gesamten Nervenapparates langsam, aber sicher erstarrt. Schon einfache Bewegungen sind dann unkontrolliert und reflexhaft und – führen zu Streitgesprächen mit dem Pferd.
Der festgehaltene, starre Körper kommt nicht mehr ans Pferd ran!
Auf dem Pferd hat man oft nicht den Kopf zum „Führen“ oder „kontrollieren“. Seine eigenen Beine, Arme, Kopf und den Körper zu den passenden „Aufgaben“ zu koordinieren ist schon Herausforderung genug. Gekonnt führen kann man eigentlich erst, wenn man seine eigenen Bewegungen „im Griff“ hat. Aber dann brauchen Sie nicht mehr „führen“ – denn dann versteht Sie das Pferd auch so. Was Sie brauchen, ist körperliches Einfühlungsvermögen für das Pferd.
Im Idealfall ist Reiten ein Gespräch der Körper. Es gibt kaum eine andere körperliche Betätigung, die so viel Körperkontakt und Nähe erfordert. Durch die „Reiterschulung“ wird es Ihnen mit der Zeit viel leichter fallen, auch im Alltag eine natürlichere, aufrechtere Haltung einzunehmen, denn ihre Wirbelkette wird dann immer besser von einer Vielzahl von Muskeln, Bändern und Sehnen elastisch stabilisiert, die sie dann beim Reiten zusätzlich „trainieren“.
Ihr gesamter Oberkörper wird gelockert, die „Placements“ halten beim Sitzen die Bandscheiben elastisch und sorgen wiederum dafür, dass die Wirbelkette und der Rücken bewegungsfähig bleiben, und zunehmend geschmeidiger wird. So entsteht ihr Reitersitz aus ihren Bewegungen! Ich kann Ihnen damit versichern, dass es ein biologischeres, leichteres, physiologischeres, selbstverständliches, gegenseitiges und ja, ein eigentlich magisches „Reiten“ gibt.
Beim Reiten über Ihren Körper sind ihre Bewegungen wie eine Art Code – wenn wir den „entschlüsseln“ erfahren Sie viel mehr über eine tiefe Pferdebewegung, als Sie je beim „Trainieren“ herausfinden konnten. Da der Schlüssel in ihrem Körper liegt, sensibilisiere ich Sie „nur“ dafür, wie „Sitzfehler“ entstehen – aber auch was für das Pferd wirklich eine „Hilfe“ ist.
Je sensibler Sie das „kleine-ein-mal-eins“ des Reiters beherrschen und das mit Aufmerksamkeit auf das Pferd unter Ihnen verknüpfen können, desto leichter werden ihnen weitergehende Herausforderungen, Lektionen, Sprünge, kadenzierte Verfeinerungen und Übergänge fallen. Es ist die beste Möglichkeit zu lernen, um nun die Fähigkeiten des Pferdes, aber auch seine Unsicherheiten zu spüren und es bei beidem mit ihrem Körper zu unterstützen.
Um nicht mehr und nicht weniger geht es in der Reiterschulung: Sie kommen durch bewusste Bewegungen aus ihren „Sitzfehlern“, ihrem reflexhaften Ziehen, Kontrollieren und Festhalten heraus und lernen sich mit ihrem Körper im Gleichklang mit dem Pferd zu bewegen.
Und was machen Sie so mit ihrem Körper und Ihren Bewegungen?
Monika Buhl
Seminarleitung: Monika Buhl
Anmeldung über E-mail biomotorik@gmx.de
Webseite www.biomotorik.eu
• Seminardauer: 1 Tag / ohne Pferd
• Seminarzeit: 10:00 – 18:00 Uhr
• Seminarpreis: 100,– / pro Person
Wenn Sie ein Gespräch über das Seminar-Angebot oder den Inhalt wünschen, sprechen Sie mich gerne an. Tel 0049 151 619 58339