Der Reiter im Gleichgewicht

Der Reiter im Gleichgewicht

Da man es als Reiter niemals schaffen wird „reiten zu lernen“ – kann man genaugenommen auch nie aufhören dafür zu üben. Besonders das Gleichgewicht des Reiters ist dabei kein Zustand, den man ein für alle Mal erreicht, sondern ein wachsender Prozess des Körpers. Es geht es darum, auf bekannte und unbekannte Situationen auf dem Pferd, immer wieder so „gleichgewichtig“ wie möglich mit seinem Körper zu reagieren.

Vermeidet man beim Pferd aber bewusst jede Bewegung, führt man immer die gleichen Bewegungen, auf demselben Boden, in derselben Haltung des Pferdes (vielleicht sogar noch ausgebunden) aus, kann man sich leicht einbilden, „supergleichgewichtig“ zu sein. Leider ist das Gleichgewicht des Körpers schnell dahin, wenn sich das Pferd tatsächlich mal „richtig“ bewegt – also wenn es lebendig ist. Nur in herausfordernden Situationen finden man deshalb heraus, wie weit der „Lernprozess in Gleichgewicht“ gekommen ist.

Das Gleichgewicht des Reiters wird von seinem Becken ausgeführt. Es führt Bewegungsinformationen aus, die es von der Wirbelkette – also eigentlich vom Rückenmark und dem Gehirn „zugetragen“ bekommt. Falls man aber erwartet, von heute auf morgen lernen zu können, für immer in einem vollkommenen Gleichgewicht zu sein, wird man vermutlich bald enttäuscht aufgeben. Gleichgewicht braucht Zeit, denn es müssen Strukturen loslassen, die sich fest gemacht haben und Strukturen wieder angesprochen werden, die bislang untätig waren – solange bis alle Strukturen miteinander elastisch zusammenwirken können.

Die Reitmeister, egal in welchem Jahrhundert hörten deshalb nie auf zu „üben“. Wohlgemerkt, nicht Lektionen mit dem Pferd zu üben, sondern sich in IHREM Gleichgewicht zu üben. Nicht umsonst gibt es den Begriff „Gleichgewichtssitz“ – den man sich erst verdienen muss. Es mag vielleicht überraschen, aber tatsächlich hören „gute Reiter“ nie auf zu lernen – es geht um die Feinmotorik der Gelenke, die fein bewegenden Wirbelkörper und die empfindsamen Gliedmaßen („zufällig“ genau das Programm der Reiterschulungen).

Die wahren Reitmeister haben sich nie aus verschiedenen Reitlehren das einfachste herausgepickt, sondern erprobten selbst neue Wege ihres Körpers, um ihre Kunst zu vervollkommnen. Deshalb ist es so wichtig, dass einem das Üben Freude macht. Sicher sind die Ergebnisse im Sitz und im Reiten nicht gleichgültig, aber in erster Linie zählt das Experimentieren mit dem eigenen Körper und der Spaß daran. Und damit lässt sich dann auch das Pferd begeistern.

Wenn ihr Körper gelassener wird, üben Sie richtig…
…aber eigentlich müsste man ergänzen: wenn Sie Spaß an ihren Bewegungen haben, üben Sie richtig. Es hat überhaupt keinen Sinn, das eigene Gleichgewicht auf verbissene Art und Weise anzustreben, denn Verbissenheit macht Spannung und Spannung ist das Gegenteil von Gleichgewicht.

Ihr Pferd ist ihr Ausbilder…
Ihr Pferd wird gewissermaßen zu Ihrem „Ausbilder in Gleichgewicht“. Manche Reiter begreifen das sehr bald und lassen sich auf die Bewegungen des Pferdes ein, manche spät und andere gar nicht (die formen verbissen weiterhin ihr Pferd, damit es für den eigenen Körper verträglich wird). Das sind die, die auf Kosten des Pferdes nicht merken, wie essentiell das eigene Gleichgewicht für das Pferd ist, für den Ausbau der Trage- und Aufrichtemuskulatur, für die Gelenkbelastung, für den Prozess der spannungsfreien Aufrichtung usw. usw.

Das Gleichgewicht des Körpers ist eine Lebensaufgabe, genau wie die Gelassenheit des Körpers, die man nicht in ein paar Minuten, Tagen oder Wochen „hinter sich bringen“ kann. Wie schnell wir allerdings unser Gleichgewicht verlieren können, merken wir, wenn wir ein Gläschen Alkohol zu viel getrunken haben, und damit unser Gleichgewicht außer Kraft gesetzt haben. Vor dem unausweichlichen Torkeln bewahren uns dann übrigens viele dicke Muskeln – auch nicht.

Auch nach der Reiterschulung werden Sie mit „Rückschlägen“ rechnen müssen. Sie werden immer mal wieder in ihre alten Stress- und Spannungsmuster zurückfallen. Das ist für Sie ein gutes Zeichen – denn es bedeutet, dass ihr Körper seinen Lernprozess begonnen hat, aber sich selber auch immer besser wahrnimmt. Nehmen Sie das mit ihrer neu gewordenen Gelassenheit.

Reiten ist die Kunst in seinem Gleichgewicht zu sein – für mich ist das „Reitkunst“ in ihrer schönsten Form.

Ihre Monika Buhl

Die nächsten „Reiterschulungen“ finden statt:
Am 21. 01. 2023 in Sinsheim im Schloss Neuhaus (ein ganz besonderes Highlight)
Am 28. 01. 2023 bei Kufstein/Österreich im „Ich für mich Fitness“
Am 11. 02. 2023 bei Hannover (Seminarraum wird noch bekannt gegeben)

Reiterschulungen sind Tagesseminare ohne Pferd und kosten € 100,– pro Person

Die Anmeldung bitte per email unter biomotorik@gmx.de.
Lieber telefonisch buchen? Rufen Sie mich an: 0049 1516 1958339

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