Spannungen

Spannung – der Feind im Körper des Pferdes

Mir wird immer wieder die Frage gestellt, wo denn dann die Kraft des Pferdes herkommt, wenn es die Muskeln nicht gespannt sind? Und wie sich das Pferd bewegen kann, wenn keine Muskeln aufgebaut werden? Und was dann die positive Spannung ist?

Also – zunächst einmal positive Spannung gibt es nicht. Das ist so wie ein bisschen schwanger – gibt es auch nicht. Entweder ist DER Muskel oder DIE Muskelgruppen oder DIE Körperteile gespannt – oder eben nicht!
Was wahrscheinlich gemeint ist, ist die Kontraktionsfähigkeit der Muskulatur, die es aber flächendeckend nur in der Körperplastizität gegeben ist, und der Körper die Bewegungsfähigkeit seiner Wirbelkette dazu braucht. In Spannung ist das aber nicht möglich. Und zwar reicht durch die große Verbundenheit ein kleiner gespannter Muskel zur flächendeckenden Spannung

Wo kommt aber die Kraft und Bewegungsenergie des Pferdes her, wenn es keine Muskeln aufbaut? Wie entsteht dann Bewegung?
Vielleicht drehen wir den Spieß einfach um! Woher kommt die Kraft und Bewegung denn her wenn der Körper unter Spannung steht? Dann müssen die Muskeln Bewegungsenergie nämlich ganz allein erzeugen – ohne den Rückhalt und die Körperplastizität des ganzen Körpers. Einzelne Muskeln auf sich allein gestellt, bedeuten aber auch, dass der Muskel diese Belastung/Überlastung nicht lange durchhält.

Also muss er trainiert werden, damit der diese außergewöhnliche Anstrengung immer besser und immer länger leisten kann. Natürlich kann sich der Pferdekörper unter Spannung bewegen – aber eben nicht lange. Spannungen und Unbeweglichkeiten im Pferdekörper, sind deshalb schleichendes Gift für das Pferd, und wenig hilfreich für die „richtige“ Bewegung des Pferdes. Vor allem dann, wenn das Pferd mit dem Menschen belastet – also geritten wird. Unter Spannung stirbt die innere Bewegung des Körpers ab und das Körpersystem bricht zusammen.

Der Muskelverbund in der Körperplastizität

Ganz im Gegenteil dazu funktioniert die Körperplastizität. Im engen Verbund, arbeitet der ganze Körper zusammen und „ernährt“, regeneriert und erneuert sich damit immer wieder selber. Das perfekte „Perpetuum mobile“ – warum es deutlich mehr Sinn (im wahrsten Sinne des Wortes – denn diese Bewegungen gehen über das Nervensystem) macht, Körperplastizität zu trainieren, wie Muskeln. Aus den spannungsfreien Bewegungen entsteht die Körperplastizität, die beste Möglichkeit für den Körper des Pferdes um seine Bewegungen frei zu entfalten und Blutkreisläufe zirkulieren zu lassen.

Das Leben des Pferdekörpers in seinem Alltag muss ohne Spannungen sein, deshalb muss es unsere Aufgabe sein, diesen Zustand so gut wie möglich herzustellen.

Die Spannung beginnt im Kopf…

…genauer gesagt in den Gehirnarealen. Ist das Pferd entspannt(im Sinne von „relaxed“ im Kopf – nicht muskulär gemeint) oder aufmerksam (am besten auf seinen Körper) fahren die „Stressoren“ zurück, die den Festhaltereflex und Selbststabilisierungsmechanismus aktivieren. Wir alle kennen diese Wirkung, denn wenn wir erschrecken, erstarren wir buchstäblich zur Salzsäule. Die Atmung wird reduziert, die Durchblutung des Gehirns und des Magen-Darm-Traktes gedrosselt. Während wir aber nach dem Erschrecken auch wieder förmlich ausatmen und entspannen, hat eine tägliche Stress-Beschallung dieselbe negative Wirkung auf den Körper, allerdings ohne dass er wieder in die Regenerationsphase kommt und wir damit die „kleine“ Erstarrung im Körper jeden Tag ein bisschen mehr vor uns hertragen und vermehren.

Der sogenannte Festhalte- oder Sehnenkontrollreflex ist ein Relikt aus früheren Zeiten bei dem in Gefahrensituationen, unter Stress, bei Angst oder übermäßiger emotionaler Anspannung das Stammhirn „grundgesichert“ wurde. Damit wird das Stammhirn im Prinzip abgetrennt von den Gehirnarealen des Frontalhirnes, wo das Bewusstsein und auch da Körperbewusstsein – die Eigenwahrnehmung sitzt.

Wird das Pferd mit vielen „Stressoren“ in seinem täglichen Leben konfrontiert, bleibt das Festhalten, das Stabilisieren und die Unbeweglichkeit im Körper „stecken“. Die Folge davon sind immer stärkere Verspannungen, die das Pferd allein nicht mehr „lösen“ kann. Deshalb sind Verspannungen der stärkste Feind im Körper des Pferdes. Jede zusätzliche Belastung (z.B. mit dem Reitergewicht) führt unweigerlich zu einer Fehlbelastung des Körpers und ihren – meist organischen – Folgeerscheinungen.

Übrigens: jede Spannung – egal wo im Körper zeigt sich am Kopf des Pferdes. und vor allem am Kiefer des Pferdes