REITBEWEGUNGEN – WAS DARF DAS PFERD VON UNSEREM KÖRPER ERWARTEN
Sich mit dem eigenen Körper in die Bewegung des Pferdes einzufühlen, ist DIE entscheidende Voraussetzung eines Reitersitzes. Ich finde, es ist an der Zeit Betrachtungen darüber anzustellen, was das Pferd von UNS, UNSEREN Bewegungen und unserem Körper erwarten darf.
Kann man die Reitfähigkeit unserer Bewegungen überhaupt erlernen?
Reitbewegungen sind angeborene Fähigkeiten unseres Körpers für die Verständigung mit dem Pferd. Aber angeboren heißt nicht, dass diese Fähigkeit gleich ausentwickelt ist (ähnlich wie die Fähigkeit zu schwimmen). Die Reitfähigkeit unseres Körpers ist zudem sehr anfällig für Gewohnheiten und Stress und wird gerne von angelernten Bewegungen überlagert.
Sind es die fehlenden Anreize und Auslöser in unserer zubetonierten Welt, dass wir die Reitfähigkeit unseres Körpers erst wieder erlernen müssen? Oder sind die Regeln, die wir erfüllen und ausführen daran schuld, das viele von uns ausgesendete Signale nicht mehr mit den Bewegungen des Pferdes zusammenpassen. Egal warum, die Basis zur Verständigung und dem Körperaustausch mit dem Pferd, der ja das gemeinsame Zusammenleben maßgeblich bestimmt, ist uns abhandengekommen.
Es hat ganz viel damit zu tun, wie sich unser Körper im Körperaustausch bewegt
Pferde lernen, dass was wir tun, und nicht das, was wir ihnen beibringen. Wenn sich also etwas im Körperaustausch mit dem Pferd nicht so richtig leicht anfühlt, müssen wir davon ausgehen, dass irgendwas in der körperlichen Verständigung nicht zusammenpasst – eigentlich logisch. Weil aber das Pferd auf die Impulse und die Interaktionen des Menschen angewiesen ist (es hat ja sonst nichts anderes), wird das Pferd im höchsten Maße von den unklaren Bewegungen des Menschen irritiert.
Ich glaube ja, dass wie den Pferdekörper in der Vergangenheit allein gelassen haben -– das darf gerne anders werden – also mehr Austausch, mehr Kommunikation, mehr Verständigung.
Das Pferd bringt seine Bewegungsfreude anders zum Ausdruck wie wir und es schult seine Bewegungen anders, wie wir uns das manchmal vorstellen. Da bringt es dann auch nichts, dem Pferdekörper eine Form zu geben oder in Bewegungen zu konditionieren – eine unklare Verständigung bleibt eine unklare Verständigung. Die Reiter sind zwar heute wahre Stressmanager ihrer Pferde geworden – aber auch darauf sind sie körperlich überhaupt nicht vorbereitet.
Was also müssen wir können, damit unser Körper Reitbewegungen einnehmen kann?
Sie sollten all ihre Körperteile bewusst und gezielt bewegen – aber auch eines nach dem anderen genauso bewusst loslassen können, um sich auf das gesamte Zusammenwirken des ganzen Körpers konzentrieren zu können. Nein, nicht entspannen – denn das macht träge und für das Pferd unklar. Loslassen bedeutet: aus der Bewegung rauslassen. Allein dass bewirkt erstmal, das wir mit unseren Körperstellungen das harmonische, körperliche Miteinander mit dem Pferd nicht mehr stören.
Es ist tatsächlich möglich „Reitfähigkeit“ zu trainieren – besser gesagt, die angeborenen Fähigkeiten zu fördern, um damit seinen Körper auf Reitbewegungen vorzubereiten. Trainieren sollte aber nicht bedeuten, unsere Gewohnheiten oder vorhandene Spannungsmuster durch Muskeln zu verstärken.
Vor allem sollte nicht unsere Rückenmuskulatur die ganze Verantwortung für unseren Körper tragen müssen. Ähnlich wie bei Tanzbewegungen müssen auch Reitbewegungen in erster Linie das Zusammenspiel unseres Körpers beachten, es gilt ja, in jedem kleinen Moment – in jeder Situation den durchlässigen Bewegungsfluss zu erhalten. Je anspruchsvoller das Reiten, desto feinmotorischer müssen die Reitbewegungen des Menschen sein. „Einfach sitzen“ reicht höchstens für ein Holzpferd (bei dem ihnen schnell das Gesäß weh tut)
Natürlich darf unser Oberkörper weder steif noch lässig, nicht nach vorne oder nach hinten gebeugt, weder mit rundem Rücken noch mit rundem-durchgedrückten Rücken auf dem Pferd sitzen – denn wenn unser Rücken ganz allein die Verbindung zwischen Ober- und Unterkörper herstellen muss, wird er über Gebühr angespannt. Und was angespannt wird, ist eben nicht beherrschbar. Ohne die Bewegungen ihres Rückens und ohne die Informationen, die in den Wirbeln laufen wäre reiten fatal.
Auch das festgehaltene Becken, unsere verkrampften Schultern, die gestressten Hüftgelenke und unsere Knie, einschließlich der umgebenden Muskeln, müssen aus dem (Körper)Spiel bleiben. Und wie überaus praktisch: weil wir die Verbindung zwischen Ober- und Unterkörper, die Aufrichtung unseres Kopfes für unser Gleichgewicht, den freien Kiefer und die entstressten Beine für einen gesunden Körper sowieso brauchen, können wir ja Bewegungsfähigkeit und die Reitbewegungen gleich auf einmal üben.
Unser Körper legt da so einige Prinzipien an den Tag, die wir beachten sollten. Zur besseren Übersicht habe ich die 6 wichtigsten Prinzipien eines „reitfähigen“ Körpers zusammengefasst. Eine genaue Beschreibung der 6 Prinzipien folgt im nächsten Artikel…
- Der Kopf schwebt
- Die Arme sind ein Teil des Rückens – nicht des Nackens
- Die Rippen verbinden Ober- und Unterkörper
- Der lange, gestreckte Oberkörper
- Die streckbare Hüfte
- Entstresste Beine
Fazit I: die Bewegungsfähigkeit muss durch eine Vielfalt von „Auslösern“ von den Sinnes- und Nervensystemen ihres Körper erfahren und an den Bewegungsapparat weitergegeben werden. Bewegungsfähigkeit ist das „offene Bewegungssystem“ – das seinen biologischen Weg über die Sinneswahrnehmungen, die Nervensysteme und über die verbindenden Strukturen der großen Gelenke, bis in die Bewegungen hineinfindet.
Fazit II: genau dieselben körperlichen Voraussetzungen, die wir zu unabhängigen, losgelassenen Bewegungen mit frei beweglichen Wirbeln brauchen, damit wir uns mit dem Schwerpunkt des Pferdes verbinden können – braucht auch das Pferd beim Reiten von uns, damit die gemeinsame Schwerpunktlinie nicht eigenmächtig verschoben (mit gesundheitlichen Folgen) wird.
Die Reitbewegungen erlernt man nicht in der Umsetzung auf dem Pferd, sondern ganz für sich – die Ablenkung von den eigenen Bewegungen wäre sonst zu groß und die Empfindungen widersprüchlich. Immerhin müssen Sie ja erst wieder lernen, den eigenen Spürungen und Wahrnehmungen ihrer Bewegungen zu vertrauen.
Die „Reiterschulungen“, die ich in ganz Deutschland und Österreich gebe, fördern aktiv ihre Reitbewegungen (unter anderem durch die Placements). Sie spüren auch am eigenen Leib, was eine unklare Verständigung ihres Körpers für das Pferd bedeutet. Aber auch wie ein Reiten aussehen kann, dass Bewegung fördert, statt sie zu vermeiden.
Monika Buhl
Aus meinen Bewegungsforschungen bei Mensch und Pferd, sind unter anderem die „Reiterschulungen“ hervorgegangen, mit denen ich Reiter dabei unterstütze, zu zeigen, dass große, kadenzierte Bewegungen des Pferdes und ein Reiten in Verständigung und Leichtigkeit, kein Widerspruch ist.
09.09./10.09. Reiterschulung Maulbronn/Pforzheim bei Stuttgart
16.09./17.09. Reiterschulung in der Steiermark 8093 St. Peter (A)
07.10./08.10. Reiterschulung – in Borken zw. Marburg und Kassel
21.10./22.10. Reiterschulung in Salzburg (A)
04.11./05.11. Reiterschulung – Maulbronn/Pforzheim bei Stuttgart
11.11./12.11. Reiterschulung bei Köln
25.11./26.11. Reiterschulung zwischen Hannover und Bremen 13.01./14.01. 2024 Reiterschulung in Kiel