Der körperorientierte Reitersitz ist für das Pferd nicht nur, wie man vielleicht oft meinen mag „nice to have“ – sondern absolute 100 % Bedingung für seinen unbelasteten Bewegungsapparat. Mittlerweile ist der unbewegliche Körper des Menschen auf seinem Rücken die schlimmste Umweltbedingung für das Pferd. Gleichzusetzen mit unseren betonierten Wegen oder dem viel zu vielen Sitzen für uns. Wohlgemerkt, ich spreche von dem NICHT bewegungsfähigen Reiterkörper…
Das dieser Umstand – begleitend mit den unausweichlichen Folgeerscheinungen – nicht so in den Vordergrund tritt – ist dem Umstand geschuldet, dass der Pferdekörper unsere Spannungen, Überlastungen und Fehlbewegungen mit und in seinem Bewegungsapparat übernimmt. Und schließlich sogar die fehlenden Reitbewegungen durch seine Bewegungen ersetzen muss. Diese „Doppelbelastung“ kann der Pferdekörper natürlich nicht – oder jedenfalls nicht lange er(tragen).
Und so sind Pferdekliniken voll von Erkrankungen des Bewegungsapparates, Atemproblemen, Stoffwechselerkrankungen, und organischen Beschwerden – während der Mensch derweil immer noch nach Möglichkeiten sucht, den Pferdekörper zu „besseren“ Reitbewegungen zu „erziehen“.
Why not?
Aber mal andersherum gefragt, warum erfinden wir so viele, wenn und abers, wenn es um unseren Körper geht? Warum machen wir uns nicht einen „Sport“ daraus, unseren Körper so fit es geht, für das Pferd zu machen, und dem Pferd damit sein eigentliches „Problem“ zu beheben?
Warum sagen wir: „ne, ich möchte lieber nicht“ und nehmen lieber eine Korrektur des Pferdekörpers vor – die eigentlich gar keine „Korrektur“ ist – denn könnte das Pferd seinen Körper entsprechend seiner Bewegungsentwicklung bewegen und weiterentwickeln, müssten wir seine „Haltung“ nicht korrigieren, sondern nur begleiten und unsere reiterlichen Bewegungen daran anpassen.
Die angepasste Ausbildung den körperlichen Entwicklungsschritten des Pferdes entsprechend, war in früheren Zeiten ein hohes Gut. Und ein guter Stallmeister, der möglichst weitblickend die Körper des Pferdes „ausbilden“ konnte, wurde oft genug mit Gold aufgewogen. Immerhin hing der Ruf von so manchem Stall davon ab, in welchen körperlichen Zustand (Bewegungsapparat) die Pferde waren.
Doch für das Pferd ist es sogar noch schlimmer: Denn der zurückwirkende (körperliche Probleme verwaltende) Prozess der ständigen Nabelschau macht unglücklich. Denn seien wir ehrlich, wer lange genug sehr aufmerksam sucht, findet auch etwas, das er vermeintlich wegtherapieren muss. Kurzer Einschub: hier geht es ausdrücklich nicht um Fälle, die ärztliche Unterstützung oder eine Therapie dringend erfordern. Ansonsten hat der Pferdekörper wenig Verständnis für eine Therapie, wenn die Ursache – die Belastung seines Bewegungsapparates – nicht weniger wird.
Die Fahrt auf Sicht
Heute wird auf Sicht gefahren. Mit dem Bewegungsapparat des Pferdes wird gemacht, was gefällt. Man baut dem Pferd inflationär Muskeln auf, ohne zu wissen, was diese Muskeln im Körper des Pferdes anstellen. Oder nicht… Zum Beispiel Funktionen einschlafen lassen. Während andere, dringend gebrauchte Strukturen, zum Beispiel das Geflecht der tragenden und aufrichtenden Halsstrukturen nicht beachtet werden und das Pferd manuell aufgerichtet wird.
Gefühlt jeder, erfindet seine eigenen reiterlichen Ausbildungssysteme – und genauso oft, ohne zu fragen, ob der Pferdekörper das überhaupt leisten kann – ob sein körperlicher Entwicklungsstatus das überhaupt hergibt, oder ob das Pferd mental dazu bereit ist. Man pickt sich aus allem das „Beste“ heraus, und dass, obwohl die „Gehirnforschung“ sehr deutlich sagt, dass man sich das rauspickt, was einem leicht fällt. Also macht man nur das mit Begeisterung, was man immer gemacht hat…
Nehmen wir dazu ihre „Handgespräche“. In ihrer Hand bündeln sich die Bewegungen ihres ganzen Körpers, genauso wie die Sammlung von Verspannungsmustern aus ihrem Körper und senden diese „Informationen“ durch die Zügel direkt in das Maul des Pferdes (das Maul des Pferdes ist nicht nichts – das ist der Eingang in sein Bewegungssystem). Kein Wunder, dass das Pferd seinen Kiefer davor verschließt – dazu bräuchten Sie theoretisch noch nicht mal diese unsinnigen, wirklich jede Sinneszelle abtötenden Riemen und Stricke und Knoten um den Kopf des Pferdes.
Wir sind uns ja ziemlich oft selbst ein körperliches Mysterium. Wie wollen wir dem Pferd – also ich spreche von einem hochkomplexen, mit äußerst sensiblen Bewegungsdaten ausgestattetes Bewegungstier. Wie also, das ist meine immer wieder kehrende Frage, wollen WIR dem Pferd Bewegungen BEIBRINGEN, während wir unseren Körper selbst nicht im Griff haben.
Dafür soll jetzt alles der Körpersitz des Reiters verantwortlich sein?
Vielleicht ja – vielleicht auch nicht. Aber außer Frage steht, dass wir die Misere nur beenden können, indem wir unserem Körper wieder die Bewegungsfähigkeit geben, die eben auch ihr Körper selbst benötigt um zu funktionieren. Der dann aufmerksamere Blick ihres Körpers sortiert sich neu und rückt gewisse Dinge – wie die körperliche Bewegungsentwicklung des Pferdes in den Vordergrund. Schon dass verändert den Gehalt unserer Bewegungen. Denn unsere Bewegungsfähigkeit – und damit der Reitersitz – ist fluid, wie ein Strom – der sein eigenes Flussbett formt.
Ich jedenfalls leiste meinen Beitrag dazu, dass ich die Reiterschulungen entwickelt habe, die genau diese „Probleme“ lösen. Also die körperlichen Probleme, die ihr Pferd mit ihnen hat, weil es SIE kompensieren muss, weil es Bewegungen in seinem Körper suchen muss, die SIE nicht leisten können.
In den Reiterschulungen, die ich zu diesem Zweck aufgelegt habe, geht es um die Ausprägung eines Reiterkörpers – der vielseitig, durchlässig, reagierbar und bewegungsfähig sein muss – um nur einige Eigenschaften davon zu nennen, die der Pferdekörper von uns dringend braucht. Nochmal – ihr runder genauso wie der durchgestreckte Rücken, ihre festgehaltenen Schultern und geschlossenen Beine sind Gift für den Pferdekörper – schleichendes Gift.
Ich kann das sagen, weil ich mich schon so lange mit der Bewegungsfähigkeit des Pferdes und des Menschen beschäftige.
Monika Buhl
Wenn es Sie interessiert, wann und wo in ihrer erreichbaren Nähe eine „Reiterschulung“ stattfindet, dann werden Sie bestimmt auf meiner Webseite www.biomotorik.eu, oder auf Facebook fündig. Oder sie melden sich direkt bei mir unter meine Email-Adresse biomotorik@gmx.de oder unter +49 151 619 58339