Die Körperplastizität des Pferdes

Die Vorteile der Körperplastizität

Doch was hat ein Pferd mit Körperplastizität, was andere Pferde nicht haben? Und warum sie für den Menschen in der „Ausbildung“ des Pferdes, ein so erstrebenswertes Ziel.

Das Pferd ist flexibel und elastisch in seiner Muskulaturbalance und stabilisiert und mobilisiert sich damit in seinen Wirbeln und Gelenken. Damit baut es seine Spannungen im Körper ab. Das heißt, es kann sein Rippenkorb gleichseitig (im Gegensatz zu einseitig – Schiefe) einsetzen. Das wiederum bedeutet für das Pferd, das maximale Atemvolumen mit einer gleichzeitig bewegungsfähigen Wirbelkette. Mit der optimalen Möglichkeit der Bewegungsfähigkeit richtet sich das Pferd mit jedem Tag, mit jeder kleinen Bewegung ein winzig kleines Stück auf. Jeden Tag ein bisschen mehr.

Und mit jedem Tag richtet es sich ein bisschen mehr auf, als dass es die Schwerkraft hinunter zieht. Das ist der Prozess der Aufrichtung. Ansonsten ist die Schwerkraft ungebremst wirksam, zieht Kopf und Hals unweigerlich nach unten und verrichtet das schädliche Werk. Allein die Schwerkraft „verzieht“ den ganzen Körper und schränkt die Bewegungen des Körpers ein – ohne den Gegenspieler der Aufrichtung.

Ist aber der Prozess der Körperplastizität eingeleitet, trainiert sich das Pferd 168 Stunden in der Woche selber. Die „großen“ Gelenke werden immer einsatzfähiger und sind jederzeit zu einer enormen Leistung fähig (im Gegensatz zu eingebunden). Die Gliedmaßen haben durch die weiche Federung der zentrierten „kleinen“ Gelenke ein kontinuierliches „beugen“ und „strecken“ was eine Pumpwirkung auf den Blutkreislauf im Körper hat und können weich und elastisch über den Hufen abrollen (Jeder Hufbearbeiter wird es ihnen danken – denn nun ist der Abrieb nicht mehr punktuell auf der Tracht).

Der Hüftgürtel und der Schultergürtel sind auf sich ausgerichtet und damit kann sich der Hals frei und unbelastet erheben. Der schwere Kopf wird „getragen“ von seiner Aufrichte- und Tragemuskulatur. Das verletzliche Nackenband wird entlastet und vom gespannten Druck befreit. Die Hirnnerven können sich wieder ganz der feinen Sinneswahrnehmungen widmen. Das Pferd empfindet wieder Freude an seinen eigenen Bewegungen, und ruht in sich.

Das wichtigste vorab: Körperplastizität kann nicht „erzeugt“ werden, sondern sie entsteht aus der gemeinsamen Wirksamkeit der „Akteure“ im Pferdekörper aus ihm heraus. Passiv erzeugte Bewegungen, genauso wie Bewegungseinschränkungen verhindern die Körperplastizität des Pferdes weil sie Spannungen im Körper erzeugen – und den Körper aus seinem maßgeschneiderten Programm führen. Die Grenzen seines Körpers kann das Pferd nur selbst ausprobieren.

Der sanfte Weg zu einem elastischen Pferdekörper

Der Körper muss bereit sein neue Netzwerke im Körper zu knüpfen, damit die „Akteure“ im Pferdekörper ihre volle Wirksamkeit entwickeln können und sie in die – biologischen Bewegungen – integrieren können. Erst durch die Biomotorik – biologische Bewegungen in Eigenwahrnehmung – kann sich deshalb die Körperplastizität entfalten. Die Biomotorik ist der Schlüssel zum Körper – oder „Türöffner“ – nennen Sie es wie sie wollen. Deshalb ist auch die erste Maßnahme im „biomotorischen Training“ das Pferd in „seine Biomotorik“ zu führen.

Ein bedeutendes Merkmal der Körperplastizität ist das der Körper seine Wirbel und Gelenke als „durchlaufende Posten“ sehen kann (so wie in den Placements des Menschen). Biomotorische Bewegungen stabilisieren die Zellwände indem es Nervenverbindungen verknüpft. Damit spielt die Körperplastizität eine wichtige Rolle für die Architektur (Aufrichtung) und Stabilisierung durch Elastizität (nicht durch Starrheit) des Pferdekörpers.

Muskelbalance

Die Muskeln sind in der Körperplastizität „nur“ dazu da, Gelenke und Wirbel zu mobilisieren, eine Aufgabe der sie nur in ihrer den ganzen Körper überziehenden Muskelbalance ausführen können. Regionale Muskelstärkungen und Spannungen führen den Pferdekörper aus seinem angeborenen Bewegungsprogramm heraus. So kann ein Muskeltraining fatale Folgen haben, die manche Muskel verkümmern- andere Muskeln und Sehnen sich tief eingraben lassen und die wiederholt falschen Bewegungsmuster, die daraus entstehen, Fehlbelastungen begünstigen.

Aber was hat das Pferd von seiner Körperplastizität?

Wer sich für eine gesunde, durchlässige, losgelassene und organische Bewegung seines Pferdes interessiert, kommt um die Plastizität des Pferdekörpers – der Körperplastizität nicht drum rum. Die Körperplastizität bezeichnet die körperliche Widerstandskraft, die es dem Pferdekörper erlaubt, seine inneren und äußeren Bewegungen selbst zu organisieren. Damit sind aber nicht nur die alltäglichen Bewegungen gemeint, sondern auch die besonderen Herausforderungen (wie zum Beispiel einen Menschen auf dem Rücken tragen) Also Belastungen die den Körper ganz schön durcheinander bringen können, und bei denen so wichtig ist, dass der Pferdekörper locker, entlastet und federnd ist.

Die „Ausformung“ des Pferdekörpers in der Tiefe

Körperplastizität ist das was entsteht, wenn alles im Körper zusammenpasst und gemeinsam miteinander in Bewegung entstehen kann.
Die Körperplastizität beinhaltet deshalb, was der individuelle Pferdekörper an Möglichkeiten zu bieten hat, denn im plastischen Körper ist alles möglich – was möglich ist. Also Bewegungen in bester Qualität für den Körper in seiner verbundenen Gesamtheit. Aufrichtung Federn, Schwung, Durchlässigkeit, Geraderichtung – und das ganze Spektrum an außergewöhnlichen Bewegungen was jedes Pferdebesitzer- Züchter- und Reiterherz höher schlagen lässt.

Alle Bewegungen sind organisch – das heißt, die „äußeren“ Bewegungen des Bewegungsapparates werden in Abstimmung mit dem Betriebssystem, mit den passenden Organ“beimengungen“ mit sehr schnell anpassender Atemregulation, mit feinster Hormonabstimmung und mit einem Blutkreislauf, bei dem alles passt – ausgeführt.

Körperplastizität
Die damit entstehende Körperplastizität belebt die Nerven- und Wahrnehmungssysteme des Pferdes und damit auch die Regenerationsfähigkeit des ganzen Pferdekörpers. Es entstehen Muskelbalancen statt Muskelspannungen, die die Koordination fördern und außerdem für Elastizität, Flexibilität und Kraft sorgen. Für den Körper geht es um eine möglichst optimale Nutzung der vom Körper in Form von Bewegungsenergie und Sauerstoff bereit gestellten und über das „frei verfügbare“ Blut im Körper transportierten Energiereserven.

Die Möglichkeiten des Körpers in der Körperplastizität

Alle Lebewesen müssen über die Möglichkeit verfügen, ihren Körper so zu entwickeln, um die innere Ordnung des Organismus so aufzubauen, dass alle natürlichen Prozesse im Körper auf die gleichmäßige Verteilung von Energie ausgerichtet sind. Je besser dem Körper dass gelingt, desto wahrscheinlicher ist die Überlebensfähigkeit. Das Pferd fühlt sich dann rundum wohl – denn die Rückmeldung des Körpers kommt im Gehirn – genauer, im limbischen System an. Je weniger Energie der Pferdekörper für die Aufrechterhaltung seiner inneren Ordnung verbraucht, desto besser ist er in der Lage, sich mit Herausforderungen – zum Beispiel, dem Reiten zu beschäftigen.

Körperliche Probleme nicht hinnehmen

Die Körperplastizität ist der Zustand des Pferdekörpers, in dem alles möglichst gut und reibungslos zusammenpasst. Dann ist auch der zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung erforderliche Energieaufwand am geringsten. Aber – Körperplastizität hat nie einen stabilen Bestand – und ändert sich in jedem Moment. Den größten Schaden, den man der Körperplastizität zufügen kann, ist es zu versuchen sie festzuhalten, einzuschnüren, wegzudrücken und nicht anzunehmen.

Der Organismus muss sich ständig weiterentwickeln, nur durch das immer wieder umorganisieren wird das gesunde Überleben für das Pferd gesichert. Deshalb ist die fortwährende Verbesserung bei einem so hoch lernfähigen Tier, wie dem Pferd die entscheidende Voraussetzung für seine Gesundheit. So bedeutet die Anpassung ohne Stillstand schlicht und einfach die gesunde Verringerung des Energiebedarfs und den Abstieg auf der gesundheitlichen Abwärtsspirale.

Mein Kommentar:

Die Fehlbelastungen in den einzelnen Körperbereichen habe ich ganz detailliert beschrieben, denn oft ist man sich gar nicht bewusst, dass sich das Pferd in schädlichen Bewegungsschienen bewegt – ganz einfach aus dem Grund, weil sie so „normal“ geworden sind. Ist das nicht tragisch?