Die Genickentlastung

Mit der biomotorischen Zäumung zur Genickentlastung des Pferdes

Die Für-Sorge um das Pferd fängt am Kopf an!
Die Frage die wir uns deshalb immer stellen MÜSSEN, ist deshalb nicht, mit welchem Gebiss oder welcher Zäumungsart DER MENSCH am besten zurecht kommt, sondern was die Instinkte, Sinneswahrnehmungen und komplexen Funktionalitäten am Pferdekopf so wenig wie möglich verfälscht, beschädigt, aber auch das schon Zerstörte wieder aufbauen kann.

Weil wir wissen, wie sehr das Pferd den Freiraum seines „vollständigen“ Kopf braucht, um sich körperlich entfalten zu können, kann im Ernst keiner auch nur ansatzweise gut heißen, technische „Hilfsmittel“ an den Kopf des Pferdes anzulegen. Und gerade weil der Mensch das Pferd sehr gerne für seine oftmals egoistischen Zwecke und Bedürfnisse benötigt, sollte er es als seine Verpflichtung sehen, dass das Pferd seinen vollständigen Instinkten und Sinneswahrnehmungen nachkommen kann.

Die biomotorische Zäumung
Auch aus diesem Grund ist eine biomotorische Zäumung das absolute „Herzstück“ des „biomotorischen Trainings“ und dient natürlich auch zur ganz wichtigen Vorbereitung des Pferdes zum Reiten.
Warum?

Eine Zäumung muss man immer im Zusammenhang und nie in ihren einzelnen Teilen isoliert sehen, sonst läuft man Gefahr, dass man manche ganz wichtigen Regionen in ihrer Wirksamkeit „vergisst“ und andere Teile des Kopfes und Halses mit dem „Weggelassenen“ überbelastet. Aus dem Grund bringt es auch nichts, nur das Gebiss wegzulassen und damit andere Kopfpartien – z.B. den Kiefer des Pferdes, der sowieso fast immer in Mitleidenschaft gezogen wird – mit dem „Einsparen“ des Gebisses noch mehr zu belasten – und damit über zu belasten.

Kieferdruck, Kieferbelastung, Nasendruck
Unter diesem Aspekt können wir uns mal die Verwendung einer üblichen Zäumung betrachten. Dabei wird sehr schnell klar, dass jede, wirklich jede und noch so kleine Einschränkung der eigenen Kieferbewegungen negative Auswirkungen im gesamten Kopf-Genick-Zungenbeinbereich des Pferdes hat. (nachzulesen auf der Webseite www.biomotorik.eu) Leidtragender sind dabei IMMER die Kiefergelenke, die durch die enge Vernetzung am Kopf auch auf alle anderen Bereiche ausstrahlen. Soweit zu dem Kieferndruck. Aber gehen wir weiter…

Zungenbelastung, Zungenbeinbelastung, Knebelwirkung
Im Kieferngrund des Pferdekopfes liegt ein hochempfindliches System, das fürs Kauen, Atmen, Wahrnehmen – also für alle lebenswichtigen Bereiche zuständig ist. Die überwiegend meisten Gebisse drücken die Zunge – entweder mit ihrer Starre, oder Schwere, weil das Gebiss zusätzlich fixiert ist, oder durch ihre „Knebelwirkung“, gegen den Zungengrund. Folge: das sensible Zungenbein, wird in seiner ausgleichenden Funktion gestört (das Zünglein an der Waage). Tatsächlich hat das Zungenbein eine ganz wichtige Übertragungsfunktion vom Kopf über die Schulter des Pferdes in den übrigen Körper.

Das Gebissstück selber ist, wie wir später sehen werden nicht das eigentliche Problem, sondern die Art und Weise, wie das Pferd durch seine Zungentätigkeit mit dem Gebiss umgehen kann – oder eben nicht! Also ob es starr liegen bleibt, wie bei einer Kandarre, oder ob das Pferd sein Gebiss unbelastend selber rumknautschen kann, wie es ihm beliebt. Aus diesem Aspekt heraus zeigt sich welche physiologische völlig unbedachte Unart des Menschen die Regel ist, das Gebiss so hoch ins Maul zu schnallen, dass man zwei Fältchen sieht, und damit die natürlichen Vorgänge des Pferdes unterdrückt.
Man muss sich dabei vorstellen: jede Bewegung der Zunge (die Zunge muss sich ca. 3000 mal in der Stunde bewegen können!) quittiert die „Knebelung“ mit einem Druck im Genick.

So gewöhnt man zielsicher dem Pferd seine Zungenbewegung, aber auch die ständig notwendige Aktivierung des Zungenbeins ab. Das hat für den gesamten Körper weitreichende Folgen.
Das Pferd gibt sich also selber mit jeder Zungenbewegung einen Druck ins Genick. Wer weiß, wie leicht schon ein minimal kleiner Genickdruck wirkt, kann sich gut ausmalen, warum das Pferd bald sein Kauen einstellt. Wer es noch nicht weiß, kann sich bei vorgeneigtem Kopf gerne mal selber Druck geben und ausprobieren!

Wenn wir jetzt noch zusätzlich einen Riemen um den Kiefer legen und damit das Pferd daran hindern, dass es sich wenigstens durch ein Öffnen des Kiefers eine Erleichterung verschafft, wird es äußerst kritisch. Das Pferd kann dieser Knebelung mit nichts entkommen – viele Pferde gewöhnen sich damit ein Schütteln des Kopfes an.

In der „Knebelung“ stößt das Metall des Gebisses immer wieder an Zahnhälse, ohne dass das Pferd schützend eingreifen kann. Die Zunge wird nicht mehr zu einem leichten Zungenschlag genutzt, sondern ist permanent wortwörtlich krampfhaft damit beschäftigt irgendwas im Maulraum zu schützen.

Zähne aufeinanderbeißen
Wie beim Menschen auch, kommen auch die Zähne des Pferdes „im Normalfall“ nie aufeinander. Entweder mahlen sie durch eine drehende Bewegung mal links und mal rechts, das Futter oder sie beißen ab, und haben dann eben Futter zwischen den Zähnen. Wenn Pferde gezwungen werden (durch Riemen um den Kiefer) die Zähne aufeinanderzupressen, kommt es wie beim menschlichen, nächtlichen Zähneknirscher zu Abrieben im Kiefergelenk und Erschütterungen im Genick.

Ganz abgesehen davon, das die Zahnhälse des Pferdes mega empfindlich sind, weil sie durchzogen sind von Nervenendigungen tragen die Zähne beim Pferd zum sensiblen Fühlen des Maules bei. Sind also sehr schützenswert. Das Pferd braucht übrigens durch den zugeschnallten Kiefer so oft den Zahnarzt. Diese These können Sie auf der Webseite nachlesen.

Genickdruck
Das alles führt unweigerlich zum Genickdruck. Ob bewusst oder unbewusst vom Menschen erzeugt, verändert es massiv die Möglichkeiten des Pferdes, um seine Instinkte plus seine Bewegungen auszuleben. Der Weg für leichte oder schwere Manipulationen des Menschen ist frei. Ist uns in diesem Moment bewusst, dass, wenn wir ein Pferd in unsere Obhut übernehmen, auch die Verpflichtung übertragen bekommen, dafür zu sorgen, dass es sich seiner Art und seinem Wesen entsprechend in seinem Körper entwickeln und entfalten kann?
Man bekommt selbst Genickprobleme, wenn man sich vorstellt, was alles das im Pferd erzeugt…

Zeigt das Pferd Verhaltensauffälligkeiten am Kopf, möchte der Mensch natürlich dem Pferd „helfen“. Dabei übersieht er aber, dass das Problemverhalten des Pferdes (seines Kopfes) meist von ihm selbst (oder seinen Hilfsmitteln) unbewusst hervorgerufen oder antrainiert wurde. Außerdem wünscht sich der fürsorgliche Pferdehalter gerne (eigene Erfahrungswerte) dass ein Problem, dass möglicherweise über einen längeren Zeitraum und durch viele unterschiedliche Faktoren „herangereift“ ist, möglichst schnell beendet ist. Meist beginnt also eine Odysee in der Gebissauswahl – die oft mit „Gebisslos“ endet.

Nur – das eigentliche Gebiss, also das Stück Metall im Pferdemaul, ist, wie oben beschrieben, gar nicht das Problem, sondern die Art und Weise wie das Pferd damit umgehen kann. Ein unbelastendes Gebiss hat auf das Pferd eine ähnliche Wirkung wie beim Menschen ein Kaugummi. Wenn der ganze Kiefer-Genickkomplex durchlässig ist, hat es also gar keine Wirkung und regt im besten Fall zusätzlich den Kaumechanismus an. Wenn aber alles angespannt und unphysiologisch in einer einseitigen Weise festgehalten wird, gibt diese Anspannung dem Pferd vor allem eines nicht – Sicherheit und Vertrauen zu seinem Körper und zum Menschen.

Thema Sicherheit
So machen die üblichen Zäumungen eben alles Mögliche und unmögliche mit dem Pferdekopf – aber eines machen sie nicht, sie geben dem Pferd weder das emotionale noch das körperliche Gefühl der Sicherheit. Das „Hinhören“ des Pferdes auf die mechanische Beeinflussung an seinem Kopf ist so übermächtig, dass es kein Raum für eine Aufmerksamkeit in den eigenen Körper gibt. Die Forderung die ich an eine „biomotorische Zäumung“ stelle, ist deshalb klar umrissen – das Pferd muss sich seinem Kopf und seinen Sinneswahrnehmungen unbelastet und ohne Spannungen seinem Körper zuwenden können.

Was das mit dem Maul und dem Kiefer des Pferdes zu tun hat, lasse ich General de Bohan aussprechen, der schrieb: „Es ist nicht der Druck auf die Lefzen oder Laden des Pferdemaules, der vermehrt werden muss, sondern es handelt sich darum, zu beruhigen und die Einwirkung der Hände auf nichts zu verringern“. Dadurch entsteht eine ganz klare Forderung an unsere Hände, die fühlend und durchlässig dem Pferd in erster Linie Sicherheit geben sollen.

Da aber genau dass, jede einzelne Hand (sogar als Paar sind sie nicht gleich) anders umsetzen wird, und man „Sicherheit geben“ weder in Gramm ausdrücken kann, noch sich antrainieren kann, muss die „biomotorische Zäumung“ so beschaffen sein, dass sie den sehr variablen und damit unsicheren Faktor des individuellen Handausdrucks so gut wie möglich ausgleichen kann (mehr darüber in „die Aufgaben der Hand)

Die biomotorische Zäumung
Es erstaunt viele, wie simpel die Umsetzung all dieser Forderungen ist(Genickentlastung, Kiefer in eine Schwebelage bringen, die Tätigkeit der Zunge anregen, die dann das Zungenbein aktiviert).

Die „Zutaten“:
• Das Wichtigste ist ein dünnes einmal gebrochenes Gebiss mit möglichst großen Ringen, das jede Bewegung der Hand gut kompensieren und ausgleichen kann. Dadurch kommen auch heftige Bewegungen der Hand nur als Vibration im Gebiss an. So kann sich das Pferd „sein“ Gebiss hinlegen wie es ihm beliebt (wir sehen die witzigsten Variationen) und – und das ist ganz wichtig! Das Pferd kann das Gebiss leicht mit der Zunge anheben, was wiederum das Zungenbein in Aktion bringt.
• Ein ungepolstertes Kopfgestell aus möglichst festem Leder, dass sich leicht vom Genick erheben kann
• Ein passender Stirnriemen (Wichtig: nicht zu klein und nicht zu groß) mit sehr großen „Ösen“. Die „Ösen“ dienen dem Kopfgestell als Führung. Das Lederteil des Kopfgestells soll also wirklich ganz geschmeidig durchlaufen können.
 
 
Der Vorgang der biomotorischen Zäumung
Wir verschnallen das Kopfstück ein bis zwei Zentimeter länger als die Maulspalte. Das Gebiss „hängt“ also. Im nächsten Moment bewegt das Pferd das Gebiss mit seiner Zunge und nimmt es selber in seinen Maulwinkel hoch. Das Kopfgestell erhebt sich dabei weg vom Genick und entlastet es. Genauso wie es sich vom Kopf weg „ausbeult“ und die Mimikmuskeln entlastet. Das Pferd arbeitet dabei genüsslich mit seiner Zunge an „seinem“ Gebiss. (Fast wie Kaugummi hin und herbewegen) und aktiviert sein Zungenbein durch diese Tätigkeit.

Das Geniale an dieser einfachen „Konstruktion“ ist, dass das Pferd sich durch sein Kauen (es ist mehr ein inneres Kauen der Zungenbeinaktivierung) SELBER sein Genick entlastet. Das Pferd merkt blitzschnell: wenn es kaut, wird es oben im Genick angenehm. Ich glaube, es besteht kein Zweifel darüber, was das Pferd in Zukunft machen wird…

Sehr oft fangen die Pferde dabei zu gähnen an. Durch die „Befreiung“ des Kiefers wird ihnen der vorherige Zwang des Kiefers- und des Kiefergelenks bewusst. Ganz viele Pferde haben durch den fixierten Kiefer, einen Abrieb in den Kiefergelenken (was man an fast allen Schädelpräparaten beobachten kann), der schmerzt. Diesem Druck wollen sie sich durch das Gähnen entledigen – was natürlich nicht geht.

Oft gestellte Fragen

Frage: Gibt es eine Chance, dass der Abrieb in den Kiefergelenken – der Kiefergelenksarthrose – wieder ganz ausheilt?
Antwort: zuerst muss die immer wieder belastende einseitige Einschränkung des Kiefergelenkes weg. Deshalb muss der Kiefer des Pferdes bei allem was es tut, in eine Schwebelage gebracht werden. Sobald die Belastung weg ist, und sich der Kiefer physiologisch bewegen kann, beginnt der Körper mit seiner Regeneration. Wie weit das gehen kann, entscheiden ganz viele verschiedene Faktoren im Pferdekörper.

Frage: Was ist mit den Zähnen – stößt das zuerst tiefliegende Gebiss nicht an die Zähne, z.B. Wolfszähne?
Antwort: Das Pferd kann ca. hundertmal sensibler mit seiner Zunge umgehen wie wir. Sobald es die Freiheit im Maul hat, selber etwas im Maul zu platzieren, macht es das sehr feinfühlig. Deshalb wird sich kein Pferd freiwillig ein Metall an die empfindlichen Zahnhälse stoßen. Dieser „entartete“ Vorgang entsteht nur, wenn der Kiefer des Pferdes zugeschnallt ist.

Frage: Wie geht der Mensch mit der biomotorischen Zäumung um?
Antwort: Diese Frage beantworte ich so ausführlich wie möglich auf meiner Webseite unter „die Aufgabe der Hand“.

Frage: Macht das Knotenhalfter auch so viel Druck?
Wie viel Druck das Knotenhalfter am Kopf des Pferdes nutzt, versteht man am besten, wenn man sich seine unrühmliche Vergangenheit anschaut, bei der es zum „Händelbarmachen“ von wilden, ungebärdigen Mustangs genutzt wurde. Die enorme Wirkung die das Knotenhalfter dabei hat, kommt zustande, weil das Knotenhalfter durch das dünne enganliegende Seil und den Knoten auf die Vernetzung der Mimikmuskeln wirkt, die direkt Informationen in die Hirnnerven übertragen.

Die ankommenden Informationen im Gehirn des Pferdes, werden verfälscht – und seine Sinneswahrnehmungen ausgehebelt. Das Pferd fühlt sich unsicher und hilflos und wird für den Menschen „händelbar“. Aus biomotorischer Sicht natürlich ein „no go“

Wenn Ihnen noch weitere Fragen einfallen, stellen Sie mir sie gerne. So weiß ich immer, was den einzelnen Menschen beschäftigt – und kann mich damit auseinander setzen.
  Wenn Sie die verblüffende Wirkung der „Genickentlastung“ live erleben wollen, oder sich die praktische Anwendung der „biomotorischen Zäumung“ aneignen wollen, haben Sie dazu im Praxisseminar „die PferdReiterKörperentwicklung und die anschließende Reit-Entwicklung“ die Möglichkeit.

Die finden in folgenden Seminarorten statt:

11. – 13. September in Calw/Neubulach
09. – 11. Oktober in Linz/Österreich
30. Oktober – 01. November in Würzburg


  In den Herbst- und Wintermonaten werde ich zusätzlich Tagesvorträge auch zur Genickentlastung des Pferdes geben, in denen Sie mir am Ende auch ihre Fragen persönlich stellen können. (Das andere Thema wird die biomotorische Atemregulation sein)
Vortragsorte und Zeiten stehen allerdings noch nicht fest.



Monika Pausch
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www.biomotorik.eu
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