Der Mensch und die BIOMOTORIK
Wie der Mensch die Bewegungen des Pferdes beeinflusst
Der Mensch ist die wichtigste Bezugsperson des Pferdes. Bei allem, was das Pferd macht, wie es sich bewegt und wie es sich verhält, orientiert es sich am Menschen. Und zwar genauso, wie es das von seiner Familienherde gewohnt ist.
So entsteht natürlich eine besondere Verantwortung des Menschen dem Pferd gegenüber, aber eben auch faszinierende Möglichkeiten, um mit unserem Körper, mit unseren Bewegungen und unserem Körperausdruck eine Verbindung herzustellen, die der spielerischen Bewegungsneugier des Pferdes einen Weg in seine Bewegungsentwicklung bereitet und damit die richtigen Weichen für seine Bewegungen stellt.
Durch die BIOMOTORIK zu einem zwanglosen Miteinander mit dem Pferdekörper
Tatsächlich lösen wir mit unserem Körper und unseren Bewegungen die unterschiedlichsten Sinnesreize beim Pferd aus und haben somit einen direkten, wirklich sehr direkten Bezug zu den Bewegungen des Pferdes. Die Informationen, die dann zu Bewegungen „verarbeitet“ werden, kommen also nicht nur aus dem im Pferdekörper ankommenden Signalen, Impulsen und Reflexen, sondern vor allem auch von den „Sinnesreizen der umgebenden Lebenswelt“ des Pferdes – dem Menschen.
Der Mensch kommt ins „Spiel“
Die „biomotorischen Übungen“ sind deshalb für das gemeinsame Miteinander außerordentlich wichtig, weil Sie und ihr Körper zu einem „Beziehungsraum“ zwischen Pferd und Mensch werden. Sie können mit den Übungen eine Tür öffnen, die das Pferd neugierig auf den Menschen macht, das Pferd zentriert und den ganzen Organismus des Pferdes augenblicklich bereit macht, sich auf neue Bewegungserfahrungen einzulassen.
Es ist die gemeinsame verbindende Aufmerksamkeit aufeinander, die das Miteinander in den „biomotorischen Übungen“ so zwanglos und unanstrengend macht. Sie sprechen das Pferd spielerisch an und ohne dass es sich bemühen muss, was „richtig“ zu machen. Aus dem Grund sind auch die „Übungen“ für das Pferd nicht anstrengend, weil Sie selbst weder anstrengend noch langweilig sind und das Pferd weder bewusst noch unbewusst in den Bewegungen beeinflussen – sondern einfach nur interessant sind.
Die „biomotorischen Übungen“ sind deshalb das „Herzstück“ der BIOMOTORIK.
Die „biomotorischen Übungen“ beginnen da, wo der Anfang der Bewegungsfähigkeit des Pferdes ist. Also „erstaunlicherweise“ (oder auch gerade nicht!) genau da, wo auch die „Probleme“ (ob das körperliche, gesundheitliche oder das Pferdeverhalten ist) des Menschen mit dem Pferd beginnen. Im Normalfall erlernt der Mensch leider viel mehr Tricks, um sich über die Signale des Pferdekörpers hinwegzusetzen, als etwas „Sinn-volles“, bei dem sich der Pferdekörper entfalten könnte.
Welche immense Bedeutung der Mensch, sein Körperausdruck, sein Verhalten, seine Bewegungen usw. für die körperliche Entwicklung des Pferdes haben, zeigt sich vor allem dann, wenn sich das Pferd in seinen Bewegungen und Fähigkeiten NICHT entfalten kann, wenn das Pferd nur „erzogen“ wird, und es Bewegungen „lernen“ muss. Leider sieht man das besonders deutlich in den fehlenden oder mangelhaften Atembewegungen.
Man muss wissen, dass das Pferd keinen Unterschied zwischen Lernen und dem spielerischen Ausprägen von Bewegungen kennt. Deshalb macht es auch fast alles mit, was der Mensch von ihm möchte oder verlangt. Das auf Bewegung hochspezialisierte Gesamtgefüge des Pferdekörpers entfaltet sich aber nur dann, wenn er ETWAS SELBST WAHRNIMMT. Erst dann kommen die hoch-, wirklich hochhochsensiblen Sinneswahrnehmungen in Aktion, die den Pferdekörper mit Hilfe der Nervensysteme lebendig werden lassen.
Die biomotorischen Übungen
Die „biomotorischen Übungen“ sind so zusammengestellt, dass sie das Pferd über instinktive Impulse und Reflexe für SEINE Bewegungen animieren und damit passgenau am aktuellen Körperzustand ansetzen können. Dabei stimmen sich die Körperteile in der Verschiedenheit ihrer Leistungen und Aktivitäten aufeinander ab und werden zu einem funktionierenden und atmenden Gesamtorganismus.
Man kann diese Vorgänge sogar beobachten…
Wie das in der Natur aussehen kann, zeigt sich, wenn man junge Pferde in einer Herde beobachtet. Sie bewegen sich, als gehöre ihnen die Welt, sie haben Vertrauen in ihren Körper, sind auf alles aufmerksam, nehmen alles in ihrer Umwelt wahr, um dann, neugierig genug mit ihren Bewegungen zu „experimentieren“, aber auch mutig genug um „falsche“ Bewegungen (nur der Mensch bezeichnet sie als „falsche Bewegungen“ – dabei lernt das Pferd von den „falschen Bewegungen“ am meisten) zu machen und daraus zu lernen.
Der „aufgeweckte“ Pferdekörper
Wenn all die hochspezialisierten Körperzellen des Pferdes miteinander verbunden sind, sich ungehindert austauschen und sich wechselseitig beeinflussen können, fühlt sich das Pferd lebendig, erlebt die Verbundenheit zu seiner Umgebung, seinen Artgenossen oder zum Menschen (Interaktion). Das Pferd kann seinen Körper ausprobieren und so das in ihm liegende Potenzial entfalten. So trägt alles auf seine Weise dazu bei, dass der Organismus des Pferdes überlebensfähig und gesund bleibt. Isoliert voneinander, kann keine Körperzelle und kein Körperteil überleben.
Kann der Mensch das auch?
Uns ist das als Mensch auch möglich, weil die gesamte „Oberfläche“ des Pferdes ein ununterbrochenes Netzwerk an Nervenenden und Blutgefäßen ist, die alle unter den Muskeln ins Innere des Pferdekörpers führen. Genau dieses Netzwerk ermöglicht es unseren Anregungen, das Pferd zu stimulieren und damit in seinen körperlichen Funktionen wieder „aufzuwecken“. Aber eben nur, wenn das Pferd die ungezwungene Freiheit Bewegungen empfinden kann,
„Wenn wir dem Pferdekörper nicht spielerisch begegnen, dann ersticken wir das Pferd mit unserem Ernst“
Das Pferdeverhalten und die BIOMOTORIK
Und noch ein – wirklich einmaliger – Punkt spricht deutlich FÜR die „Übungen“. Durch die biomotorische Wechselwirkung kann das Pferd in all seinen Facetten gesehen werden. Wenn wir das Pferd nur in den Bereichen „sehen“, die wir von ihm kennen, dann besteht über kurz oder lang die Gefahr, dass wir viele Facetten und einzigartige Eigenschaften gar nicht mehr beachten. Es könnte passieren, dass Körperregionen des Pferdes brachliegen, weil wir sie nicht mehr stimulieren, ohne vielleicht zu ahnen, wie bedeutsam sie für das Pferd sind.
Dieses „Gesehen werden“ des Pferdes, in seiner Vielfalt und in seiner Einmaligkeit, ist ein Gefühl, das jeder von uns kennt und dass auch wir als „Verständnis“, als großes Geschenk empfinden. Der Ansatz der „biomotorischen Übungen“ ist aus diesem Grund, den Pferdekörper in all seinen Bewegungsmöglichkeiten und Facetten zu sehen. Es entsteht dabei eine besondere Faszination des Pferdekörpers, die ich auch in Ihnen, durch die „biomotorischen Übungen“ entfachen möchte.
Das Fazit:
Es sind faszinierende Möglichkeiten, die der Mensch sich durch die „biomotorischen Übungen“ eröffnen kann. Es geht um das spielerische Ausprobieren dessen, was alles im Miteinander mit dem Pferd möglich ist. Alles was man dazu braucht, bringt sowohl das Pferd als auch der Mensch mit auf die Welt. Die „biomotorischen Übungen“ sind der Erfahrungsraum dazu, indem sich das Pferd in seiner Bewegung, in seinem Körper und in seiner Bewegungsfähigkeit neu entdecken und sich lebendig fühlen kann.
In den „biomotorischen Übungen“ geht es um Anregungen, Inspirationen und Ideen. Es geht um Reflexe, Impulse und Wahrnehmungen und darum, dass wir die Aufmerksamkeit von allen verfügbaren Sinnen des Pferdes auf bestimmte Wahrnehmungen richten und sich dabei Fokus und Aufmerksamkeit des Pferdes ständig verändern. In jeder Lebensphase des Pferdes bieten die „biomotorischen Übungen“ wunderbare Möglichkeiten, neue Bewegungserfahrungen zu machen und Bewegungsfreude zu erfahren.
Aber probieren Sie „die Übungen“ doch selbst aus. Es lohnt sich. Denn auch Sie werden sich dabei leichter und unbeschwerter fühlen, weil auch Sie beim Pferd nicht mehr ständig optimal funktionieren müssen, sondern zweckfrei – einfach, instinktiv und spielerisch mit ihrem Pferd umgehen können.