Macht nur Reiten das Pferd glücklich?

Dieses Pferd wird keine Freude am Reiten haben, egal wie gut oder schlecht es geritten wird, das was der Körper mit seinen Fehlbelastungen und Bewegungseinschränkungen erzählt, ist eindeutig. Dieses arme Pferd muss im „biomotorischen Training“ erst mal schonend in den Prozess zu Körperplastizität gebracht werden.

Na ja, es kommt darauf an, wie viel „Körper“ das Pferd zur Verfügung hat. Wenn das Pferd gar keinen Körperverbund – also keine Körperplastizität hat, reitet der Mensch auf den Fehlbelastungen und Bewegungseinschränkungen des Pferdes herum, was logischerweise kaum angenehm ist, und genauso kaum und logischerweise eine Besserung von Einschränkungen und Einbindungen verspricht.

Dass der Mensch auf sich überhaupt nicht mehr auf die innere Bewegungsvielfalt des Pferdekörpers fokussiert ist, sehe ich immer wieder an den ungläubigen Blicken von Teilnehmern, die anfangs oft gar nicht glauben können, dem Pferd nichts mehr „beibringen“ und Muskeln aufbauen zu müssen.

Und sehr oft, wirklich sehr oft, kommt die Frage, ob sich das Pferd denn dann überhaupt ausreichend bewegt, wenn es nicht jeden Tag longiert oder geritten wird. Stück für Stück tasten wir uns deshalb in den Seminaren wieder an das an, was der Körper tatsächlich an Bewegungsinformationen braucht (und nicht eine abstrakte These der Pferdeabrichtung)

Biomotorik

Biomotorische Körperinformationen kommen direkt in den Gehirnarealen an und werden durch die Nervensysteme weiter in das ausführende Bewegungssystem weitergeleitet. Im Pferdekörper wird ein Prozess angestoßen, der im besten Fall zur Körperplastizität führt und im schlechtesten Fall (wenn die Strukturen des Pferdes alt, oder sehr eingeschränkt sind) trotzdem noch zu einer deutlichen Entlastung und Erleichterung des Betriebssystems und des Bewegungssystems führen kann.

Statt dem Pferd Bewegungen beizubringen unterstützt die Biomotorik den Pferdekörper dabei, wieder „seine“ Bewegungen auszuführen zu können. Deshalb wird in der Vorbereitung zum Biomotorischen Training in erster Linie ihr Körper darauf trainiert, dem Pferd Bewegungsinformationen durch und über ihren Körper zu geben. Das kann am Anfang bei beiden ein bisschen holprig aussehen, ein bisschen unbeholfen, vielleicht kann es das Pferd auch irgendwo „zwacken“.

Wundern Sie sich darüber nicht! Das sind die Relikte – der fremden „Ersatzteile“ – der künstlichen Bewegungen. Angewöhnte Fehlbelastungen, anerzogenen Spannungen und Ausweichstrukturen, die den Pferdekörper bisher in falsche Bewegungsrichtungen bugsiert haben. Und Ausweichmanöver des Körpers, wenn er auf diese fremden, künstlichen Bewegungen reagieren muss. Möglicherweise werden Sie auch mit den sogenannten „Umbaumaßnahmen“ Bekanntschaft machen. Das sind Brückenbewegungen, die – wie der Name sagt – den Weg von schädigenden Bewegungen, zu den biologischen Bewegungen überbrücken sollen.

Wie gesagt, was wir sehen, ist die Spitze eines Eisberges in Form von Fehlbelastungen, Einbindungen, Bewegungseinschränkungen, Verzerrungen und Ausweichstrukturen. Wie solche Fehlbelastungen aussehen, beschreib ich in dem gleichnamigen Kapitel. Da schauen wir sie uns die Fehlbelastungen im Einzelnen an. Denn es ist gut, den „Feind“ im Pferdekörper zu kennen, damit man sie nicht noch weiter beim Reiten und mit Reitergewicht belastet – was äußerst dramatisch für den Pferdekörper ist.

Zu erkennen in welcher Entwicklungsphase das Pferd momentan steckt, und ob es im Moment überhaupt reitfähig – also belastungsfähig ist, das ist auch Teil des Seminares „Die Pferd-Reiter-Körperentwicklung und die anschließende Reit-Entwicklung“. Wenn das Pferd dann in den Prozess der Bewegungsentwicklung eingestiegen ist, unterscheide ich unter:

  • Muss noch länger im biomotorischen Training bleiben
  • „Reiten vom Boden“
  • Schonreiten
  • Begleitendes Reiten
  • Challengereiten

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Zwei Ziele – ein Team. Pferd und Reiter

Während der Mensch also die schönen Bewegungen oder die Kraft und Schnelligkeit des Pferdes nutzen möchte, geht es dem Pferd immer wieder um ein ständigen updaten seiner Bewegungen. Deshalb kann zum Beispiel ein Turnier ein gemeinsames Ziel für Pferd und Reiter sein. Oder ein Ausritt. Oder ein Reitseminar. Oder Seitengänge. Ein Galopp im Gelände. Beide strengen sich an, bringen ihre Fähigkeiten ein und viel zu oft ist das Pferd gerne bereit, seine körperlichen Belange dem „Ziel“ des Menschen unterzuordnen.

Ist das Ziel, eine Aufgabe aber erreicht, ist die Gemeinsamkeit meistens beendet, denn das Ziel ist abhanden gekommen, was bis dahin gut zusammengehalten hat. Anstatt das Pferd aber zum Erreichen eines bestimmten Zieles zu benutzen, wäre es viel besser ein Ziel zu verfolgen, dass beiden sehr am Herzen liegt. Wie zum Beispiel die Körperplastizität. Körperplastizität macht das was dem Pferd wirklich wichtig ist, und bringt den Menschen mit Leichtigkeit zu seinem Ziel.

Pferd und Mensch erleben deshalb jeden Schritt in der Plastizität der Körper, aber auch jeden Schritt, der dahin geht, als erfüllend und beglückend, weil alles was beide tun, handeln, agieren dazu beiträgt, dem gemeinsamen Ziel näher zu kommen, das man aber niemals wirklich erreichen kann. In den Körpern führt es dazu, dass sich dort alles so zusammenfügt, wie es am besten ist, sich nicht gegenseitig belastet und damit energiesparender wird, und umsetzbar ist ohne weh zu tun.

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Lernformen

Es ist fast egal, in welcher „Lernform“ sie angekommen sind, ob in die Körperverformung (durch mechanische Hilfsmittel), das Beibringen von Bewegungsgewohnheiten (Bewegungsmustern und Bewegungsabläufen) Konditionieren (wie z.B. Clickern), „Sinn-los“ machen – durch Abtrennen der Sinneswahrnehmung (in erster Linie durch die Zäumung, Kappzäume, belastende Gebisse, Kieferzuhalten und Genickdruck).

Die Aussagekraft ihres Körpers – die Interaktion – ist immer noch die am stärksten ankommende Körperinformation beim Pferd.

Deshalb können Sie auch nicht Biomotorische Bewegungsinformationen mit einer dieser Lernformen verbinden. Das ist in etwa so, als ob sie Vitamintabletten mit Antibiotika und stärksten Schmerzmitteln vermischt einnehmen, und sich wundern, warum die Vitamintabletten keine Wirkung haben. Es kommt für den Körper darauf an, wo eine Bewegungsinformation ankommt – und wenn sie nicht über die Sinneswahrnehmung – Gehirn – Nervensystem transportiert wird, kommt die Information ganz sicher nicht da an, wo der Körper sie brauchen kann.

Aber zurück zu ihrem Körper

Ein Pferd als stark ausgeprägtes Gruppenwesen lernt seine Bewegungen seit zig Jahrhunderten von Jahren von seiner Umgebung und seinen umgebenden Menschen (der Mensch übrigens auch). Damit ist dem Pferdekörper gewährleistet, dass er sich perfekt an seine Umgebung anpasst (so ist auch die Geschichte vom Dschungelbuch, oder Wolfskindern erklärbar). Die Informationen der Kommunikation mit Lebewesen kommen im Gehirn des Pferdes vorrangig an.

So wird es für sie vielleicht leichter erklärbar, warum es möglicherweise im mechanischen Reiten des Pferdes, trotz hervorragender Reitlehrer oder hochwertiger „Ausstattung“ nicht voran geht – oder vielleicht sogar die Gesundheitsspirale stetig nach unten zeigt. Und buchstäblich von einem Tag auf den anderen – nichts mehr geht! (wenn die Körpersysteme des Pferdes zusammenbrechen, sieht man die Spitze des Eisberges, aber nicht die vielen hunderte von Signalen und Hinweisen des Pferdekörpers.

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Probleme

Das ein Reiten für das Pferd „keinen Sinn“ macht, wenn es aus seinem angeborenen Programm geholt wird, ist für viele verständlich – dass es trotzdem gemacht wird ist dann eher unverständlich aber erklärlich. Seit Jahrhunderten zählt die Kraft des Stärkeren. Also Reitsysteme, die auf Kraft-Muskeln-Leistung aufgebaut sind. Und obwohl heute die Reiterinnen, also das „schwache Geschlecht“ überwiegend in der Mehrzahl sind, wird auf einem Kraft- und Dominanzgeprägten Reiten beharrt – vielleicht weil es Tradition ist. Vielleicht aber auch, weil der Körper des Pferdes nie im Fokus war.

Früher hat man Leistungsfähigkeit trainiert, den einen Ausfall konnte man sich bei dem damals „teuren“ Pferd nicht leisten – Arbeitskraft, dagegen war billig. So hat man gerne Zeit in ein Muskelstärkendes Training investiert. Außer das Pferd musste „arbeiten“ – da hat es seine Muskeln genug trainiert, und war froh wenn es sich abends in seinen geschützten „Ständer“ ablegen durfte.

Heute geht die Schere auseinander. Pferde sind billig zu haben und Arbeitskräfte teuer. So hat man keine Zeit zu einer schonenden Ausbildung mehr. Der Beritt (im Normalfall) drei Monate, sieht vor – dass sich das Pferd an die Last des Menschen auf seinem Rücken gewohnen muss und „zuverlässig“ die Grundgangarten absolvieren muss. Da das Pferd noch jung ist – hat es damit meistens keine augenscheinlichen Probleme – die tauchen dann später auf. Vielleicht sogar von einen Tag auf den anderen

Biologische Bewegung geht weiter

Es geht um kleine feine Bewegungsimpulse – sie beginnen in der innersten Schicht der Rückenmuskulatur. Für ein lebendiges Körpergefühl mit sensiblen Gelenken. Wie von selbst findet die Wirbelkette ihre natürliche Aufrichtung und das Genick wird entlastet. Spielerisch unterstützen die biomotorischen Bewegungen das Reiten.