Häufig werde ich gefragt, was der Unterschied zwischen einer „Reitausbildung“ und meiner „Körperausbildung“ ist. Obwohl die Vorteile der „Körperausbildung“ eines Pferdes, so klar auf der Hand liegen, herrscht immer noch die Meinung vor (die aus einer anderen Zeit stammt) man könnte dem Pferd alles was es braucht, beibringen, während man gleichzeitig auf ihm sitzt.
Was ist also dran an der Möglichkeit, einen Pferdekörper beim Reiten auszubilden? Der folgenschwerste Denkfehler ist wahrscheinlich, dass das Pferd keine freien Bewegungen – ich spreche da von seinem muskulären Gleichgewicht – unter der Last des Reiters erlernen KANN, wenn dem Pferd das naturgegebene Zusammenwirken seines Bewegungsapparates fehlt.
Eigentlich ist das ein physikalisches Prinzip…
Ein Körper kann sich unter Druck nicht in seiner Form ausdehnen, sondern gibt dem Druck nach. Das ist leicht bei einem Luftballon nachzuprüfen. Das Pferd ist aber kein Luftballon, sondern ein Lebewesen mit einem Rücken, der von einem komplizierten, verwobenen System von Strukturen gestützt wird. Dabei verteilen sich Druck und Schwerkraft gleichmäßig auf die einzelnen elastisch vernetzten Wirbel, die mit dieser plastischen Tragfähigkeit dem Pferd erst ermöglichen, einen Menschen auf dem empfindlichen Rücken zu tragen.
Das andere Problem: das Pferd wird genommen, wie es ist…
Bei Reitausbildungen wird das genommen was da ist – vom Körper des Pferdes, meine ich. Rein faktisch ist es also keine Ausbildung, sondern ein Hinzufügen auf die bestehende Grundlage. Pech für das Pferd, wenn die einzigen Fähigkeiten, die es bis dahin entwickeln konnte, mit Spannungen, Bewegungseinschränkungen und Gewohnheiten durchzogen sind. Auf denen wird dann vom Menschen „herumgeritten“ – um das ganz plakativ auszudrücken.
Durch den Druck und die Belastung von oben, hat der Pferdekörper praktisch keine Chance, die Bewegungen zu befreien. Auf dem bisherigen Bewegungsverhalten formt oder verformt sich – je nach Qualität des Reiters – der Pferdekörper, in seine neu „erlernten“ Bewegungen hinein.
Die Bewegungsentwicklung des Pferdes wird dabei dem Zufall, seinen Spannungen und seinen Gewohnheiten überlassen. Ich meine, wir sprechen da vom muskulären Gleichgewicht des Pferdes – das übrigens nicht vom Menschen zu einem künstlichen Gleichgewicht „verbessert“ werden kann – wie oft behauptet wird. Gleichgewicht ist etwas sehr „Privates“ – und jeder Eingriff bringt es eher durcheinander, als dass was „Sinnvolles“ dabei herauskommt.
Ein anderer Punkt, der aus meiner Sicht gegen eine Reitausbildung spricht, und die ich deshalb ansprechen muss ist, dass hinter eigentlich jeder „Reitausbildung“ eine „Reitmethode“ steckt. Also wird das Pferd nicht in seinem Körper weitergebracht (sonst wäre es ja eine körperliche Ausbildung sondern das Pferd wird auf mehr oder weniger zwingende Weise zu der „Reitmethode“ „erzogen“. Das kann aber immer nur die Zweitbeste Lösung sein.
Warum? Weil die eigene Lösung die richtige Lösung ist
Und weil das Pferd die Begeisterung und die Abstimmung ihres Körpers braucht, die dem Pferd ermöglicht, sich an ihre Fähigkeiten, ihre Unebenheiten und ihren persönlichen Ausdruck anzupassen und die zum Reiten notwendige Synchronizität zu beschleunigen. Sie beide müssen ihren gemeinsamen Rhythmus finden, eigene Schritte gehen und finden. Sie als Reiter stehen dem Pferd dabei treu zur Seite oder sitzen belastungsfrei auf seinem Rücken, gehen in seinen Bewegungen mit, zeigen dem Pferd neue Bewegungsmöglichkeiten und ermutigen es.
Zuerst die Ausbildung – dann das Reiten…
Wohlgemerkt, ich spreche von einer Reitausbildung und noch lange nicht vom Reiten, das dann entstehen kann, wenn die Körperbasis des Pferdes entsprechend gestaltet ist, und sie ihre Sitzfehler beseitigt haben (Reiterschulung). Beim Reiten selbst, ist es ganz wunderbar einen Reitlehrer an seiner Seite zu haben – und sie werden sehen, wie das Pferd es auch genießt (nachdem seine Körperbasis gestaltet ist) wenn sie als Reiter-Pferd-Team in ihren gemeinsamen Bewegungen verfeinert werden oder auch neue Herausforderungen meistern können.
Die Wer-führt-Wen-Frage?
Diese Frage – Wer-führt-Wen“ – ist einfach zu beantworten, denn leider bestimmen die Spannungen von Pferd/Mensch lange Zeit die Richtung. Eine klassische Situation: Sie sitzen auf ihrem Pferd. Ihr Pferd hört Ihnen aufmerksam zu. Sie wollen ihr Pferd geraderichten, weil Sie gehört haben, dass ihr Pferd nur so eine intakte Zwerchfellatmung hat. Aber weil ihre verspannte Schulter ihrem Pferd – von ihnen unbemerkt – reflexhafte Züge ins Maul verpasst, wird das nichts mit dem Geraderichten, das Pferd folgt den reflexhaften Impulsen und verbiegt sich im Körper.
Und nun der Unterschied!
Nach der „Ausbildung der Körperbasis“ müssen Sie sich überhaupt nicht mehr um das Geraderichten des Pferdes kümmern. Weil das Pferd gelernt hat von hinten anzugehen, dabei über den Rücken zu gehen und mit seiner Beckenbalance die Verfügbarkeit seines Beckens erlangt hat, haben die Hinterbeine Bewegungsfreiheit in den Hüfthöhlen bekommen, und das Pferd kann bestens koordiniert Last auf die Hinterhand aufnehmen und gerade angehen.
Der Unterschied ist also, dass eine „Reitausbildung“ vom Pferd die Ausführung von bestimmten Bewegungen des Pferdes unter dem Sattel einfordert – während die „Körperausbildung“ sie mit dem Pferdekörper zusammen „entwickelt“, damit sie das Pferd bewusst ausführen kann.
Woran kann man die Qualität einer Ausbildung festmachen?
Die Qualität einer Ausbildung kann man aus meiner Sicht, daran erkennen, wie „erfolgreich“ sich das Pferd in der Gemeinschaft mit dem Menschen fühlt. Aber auch wie der Mensch in sogenannten „Grenzsituationen“ mit dem Pferd umgeht und wie zufriedenstellend er schwierige Situationen im und mit dem Körper des Pferdes auflösen kann.
Ich finde, da erkennt man den eigentlichen „Spirit“ einer Ausbildung am besten. In der Theorie einer „Reitausbildung“, in der es ja vorrangig um die äußerliche Beeinflussung des Pferdes geht, hört sich so manches schön an – aber wieviel davon ist tatsächlich für das Pferd schön? Die meisten Methoden und Varianten, beschreiben recht wortgewandt den „best case“ – also wie es „sein soll“ – und sehen in der praktizierten Realität für das Pferd dann ganz anders aus.
Gute Bewegungen kommen nicht von selbst
Machen wir uns klar, dass es bei der Ausbildung des Pferdes darum geht, wie sich in Zukunft sein Leben gestalten wird. Bei manchen Reitern herrscht bei der Ausbildungsreise des Pferdes „grauer Nebel“, damit möchte ich sagen, sie bilden das Pferd auf Sicht aus. Darum darf es aber in einer Pferdeausbildung nie gehen – und auch nicht um billige Tricks, die das Pferd schädigen.
Wir müssen die Bewegungsausbildung des Pferdes ernst nehmen, sowie wir seine Unsicherheiten, Einschränkungen oder unkoordinierten Bewegungen ernst nehmen müssen. Wir müssen einkalkulieren, dass von der Beeinflussung des Menschen immer das muskuläre Gleichgewicht des Pferdes betroffen sein wird – also auch das Zusammenwirken seiner Organe, die den Pferdekörper durch ihr lebendiges Miteinander von innen „stützen“. Damit das Pferd nicht wie ein Luftballon in sich zusammensinkt, dürfen wir die Bewegungen des Pferdes also um keinen Preis dem Zufall, seinen Spannungen oder Gewohnheiten überlassen.
In der „biomotorischen Körperausbildung“, die die Körperbasis des Pferdes aufbaut, ist es mir wichtig, sich immer wieder die Frage zu stellen, WARUM das Pferd eine Bewegung nicht ausführen kann – was in seinem Körper es daran hindert. Das kann an so vielen Faktoren liegen, die allesamt garantiert nicht besser werden, wenn man sie trainiert. Aber es liegt auch an den Sitz- Haltungs- und Bedienungsfehlern des Menschen (Reiterschulung). Und meist an beidem.
Seit Jahren forsche ich deshalb, was man bei all den möglichen Bewegungen vermeiden muss und was man forcieren kann. Wussten Sie, wie wichtig die Dynamik für den Organismus des Pferdes ist? und das das Gehirn des Pferdes sein „Halten“ genauso sorgfältig „erlernen“ muss, wie das von „hinten angehen“. Denn um das zu leisten, muss das Gehirn des Pferdes dem Körper die Informationen dazu geben, sich umzustrukturieren und „über den Rücken gehen“.
Mein Wissen und meine Erfahrungen über die „Körperausbildung“ des Pferdes gebe ich in meinen „Mentorings“ weiter. Alles über Sitzfehler und wie Sie zu einem „einfühlsamen Gesäß“ kommen, erfahren Sie natürlich wie immer am eigenen Leib, in meinen „Reiterschulungen“.
Monika Buhl
Um mehr von meinen Mentorings zu erfahren oder um sich für eine „Reiterschulung“ anzumelden, nutzen Sie am besten die email-Adresse biomotorik@gmx.d
Vorankündigung für „Reiterschulungen“
13. Juli in 74889 Ehrstädt bei Sinsheim – Thema des Seminars: das Pferd „am Sitz“ reiten – Sitzfehler und ihre Vermeidung
17. August in 74889 Ehrstädt bei Sinsheim
28. September in 74889 Ehrstädt bei Sinsheim
16. November in 74889 Ehrstädt bei Sinsheim