Der Mensch…
…wird zum Reiter
Man wird nicht zum Reiter, indem man sich einfach auf das Pferd setzt – obwohl man diese Glaubenshoffnung bei vielen Bildern und Reitern, die man so sieht, annehmen muss. Auch da möchte ich gerne einen anderen Weg gehen, und den Menschen dafür sensibilisieren, wie sehr er das Pferd mit sich belastet. Nein, die Belastung kann man nicht in Kilo ausdrücken. Denn ein Reiterkörper in dem alles – also Gelenke, Wirbel und Muskeln wunderbar im Gleichgewicht placiert sind, kann theoretisch schwer sein, und trotzdem belastet er nicht – denn er fließt gleichsam in die Bewegung des Pferdes ein.
Ein Mensch wird zum Reiter, indem er die volle Bewegungsfähigkeit seines Körpers verfeinert, kultiviert, stilisiert und reduziert. Das ist dann auch das Geheimnis des „guten“ Reiters. Es sind Bewegungen in denen Wirbeln und Gelenken perfekt placiert sind, sich gegenseitig nicht behindern oder vernachlässigen, Muskeln, die nicht durch Ausweichstrukturen aus ihrer Bahn geworfen werden sondern mit ihrer aktivierten Anpassungsfähigkeit reagieren können, und der Kopf mit allen seinen Sinnen situativ bereit – nein, nicht steht. Sondern fein von der Wirbelkette ausbalanciert wird.
Die Verbindung verbindet…
Die Anlagen dazu hat jeder Körper auf seine, ganz eigene Weise – und auch dass ist wichtig, dass der eigene individuelle Ausdruck beibehalten wird, und sie nicht den Reitlehrer nachahmen. Die körperlichen Verfeinerungen „zum Reiter“ muss ihr Körper allerdings erst erwerben.
Reiten ist weniger Reitkunst, als Wirbel- und Gelenkskunst
Nicht ihre Handlungen sind entscheidend, sondern wie Sie ihren Körper dafür einsetzen und umsetzen können. Ein biomotorisches Reittraining ist ein Training für ihren Körper, das die Körper-Gehirn-Geist-Beziehung beeinflusst, und über Botenstoffe direkt das Nerven- und Immunsystem beeinflusst. Es stellt damit eine fundamentale, biologische Regulation des Körpers dar.
Das Verleugnen solcher Zusammenhänge in der Reiterei, unterstützt die „Technikgläubigkeit“ am Pferd und als Folgeerscheinung die Abhängigkeit von mechanischen „Hilfsmitteln“, Skalen, Regeln, Geboten und messbaren Werten und damit die fehlende Achtung vor den „Informationswerten“ des Körpers.
Reiten bedeutet, den eigenen Körper zu verstehen.
Beim Reiten geht es – wie in keiner anderen Kunst, Sportart, Hobby oder Disziplin – um das „Naturverständnis“ für ihren eigenen Körper. Es geht um die Erweckung von Bewusstsein, um die Gelenks- und Wirbelpflege, und um ein Üben und Training der Bewegungsfähigkeit. Unsere Muskeln sind nicht nur die Hülle des Körpers – sondern unser ganzer Körper ist Bewegungsraum – wir sind unser Körper. Wir denken also unseren Körper und machen damit unseren „Reiterkörper“.
Körper, Gehirn und Bewegungen bilden eine Einheit, und durch das Training der Bewegungsfähigkeit wird letztendlich das Reiten kultiviert.
Reiten – die Meisterschaft der Bewegungsfähigkeit
Der Weg, den die Biomotorik beschreitet, erreicht nie ein Ende, führt jedoch das Pferd zur Ruhe, Gelassenheit und inneren Balance. Die „Kunst“ in der Reiterei mit dem Menschen, dient dann der Verfeinerung der eigenen „natürlichen“ Fähigkeiten und Begabungen, die vom Menschen kunstvoll veredelt werden. Das Reiten ist wie die Lebenskunst, eine Befähigung, um die man sich bemühen muss, die einem nicht so einfach zufällt – die aber immer die Grundlage der Körperplastizität haben muss.
Reiten – eine alte Definition gerät ins Wanken
Das traditionelle Reiten beschreibt DAS Reiten DES Pferdes. Der Mensch macht also was mit dem Pferd. Jede Einflussnahme auf den Pferdekörper – so klein und unsichtbar sich auch sein mag – bedeutet aber das Verlassen des Gleichgewichts- und Regulationsprinzips des Pferdekörpers.