Das „Handling“…


zum biomotorischen Training

Dem Menschen wird oft gar nicht bewusst, wie sehr die Menschenhände das Pferd beeinflussen. Sogar die Reitweise, die entsteht ist von der Fähigkeit seiner Hände abhängig. Wenn der allerdings das Gefühl hat, mit der Aussagekraft seiner Hände nicht weiterzukommen, dann greift er Hilfsmittel um das Handling seiner Hand zu „verbessern“. Die „Verlängerungen“ der Hände bewirken aber immer eines: die Hände selber werden immer unsensibler und unselbstständiger.

Vier Ausbildungsformen, die durch den Einsatz der Hände entstehen:

  • Spannung
  • Auseinanderfallen
  • Muskeln
  • Körperplastizität

Das A und O im biomotorischen Training ist deshalb die Interaktion mit dem Pferd – also mit der ursprünglichsten Form um körperlich zu lernen. Das Handling lebt von dem wachsenden Kontakt zum Pferd. Es geht darum, dass sie eine immer tiefer gehende Beziehung zum Pferd aufbauen und das Pferd dadurch immer unmittelbarer mit ihnen verbunden ist. Der Prozess der „Vertiefung“ nach innen (organisch) fordert Schritt für Schritt ein Loslassen von alten Bildern der alten Reitvorschriften.

Vielleicht haben sie sich jahrelang als ein Reiter definiert, der dem Pferd seine Bewegungen zeigen muss. Wenn Sie jetzt anfangen, dem Körper ihres Pferdes mehr „zuzuhören“ und die kleinen Impulse seines Körpers deutlicher wahrzunehmen, entdecken sie ganz andere „Aufgaben“ an ihre Hand. Während Sie sich mehr und mehr nach ihrem Pferd hin ausdehnen werden Sie wieder unmittelbarer – die „alten“ Forderungen an ihre Hand, wirken auf einmal sperrig und beengend.

Der Zügel ist es!

Wenn ich im Weiteren von ihrer „Hand“ spreche, meine ich natürlich den ganzen Vorgang in ihrem Körper und die Hand als „Ausführungsorgan“ mit der sie Gehirnareale und Nervensysteme ansprechen können und nicht nur Muskeln, durch einen formenden Zügel, der einen Befehl ausführt. Damit brauchen Sie nicht mehr die Verantwortung an „Dinge“ und Zauberwaffen abzugeben. Allerdings fallen auch alle abgerichtete Gewöhnungen, angelernte Anpassungen und wiederholte Konditionierungen als mögliche Hilfe weg, weil die Instinkte des Pferdes jede Situation in jedem Moment neu beurteilen.

Ihre Hände als „Starthilfekabel“

Jeder von uns hat die Fähigkeit seinen körperlichen Ausdruck durch die Hände zu kanalisieren, indem sie sie nutzen – weder Kraft noch Technik wird dadurch nicht benötigt. Bei einer Technik ist es häufig erforderlich, dass man bestimmte Regeln und präzise „mechanische“ Anwendungen auswendig kann. Für die „Anwendung“ ihrer Hände gibt es keine absolute Regel. Was Ihnen als die „natürlichste“ Methode vorkommt, ist in diesem Moment auch die richtige – aber beobachten sie die Wirkung bei ihrem Pferd.

Genau wie die Fokussiergerte auch, braucht die Hand eine „weiche Bestimmtheit“. Das Biomotorische Training lebt von der Interaktion des Menschen. Und das Handling von der Vielfalt und dem Angebot ihrer Hände, ihrer Handgelenke, ihrer Schultern und der Bewegungsfähigkeit ihrer Wirbelkette – das schlimmste was sie also tun können , ist dem Pferd kein Angebot zur Interaktion zu machen – also nichts zu tun.

Im folgenden sind einige Hauptpunkte ihrer Hand aufgeführt:

  • Suchen Sie immer wieder die bewusste Entspannung ihres Handgelenks. In der heutigen schreibenden und wischenden Haupttätigkeit unseres Handgelenks müssen sie sich immer wieder daran erinnern. Mit der Zeit werden Sie aber die Fähigkeit erlangen, das Handgelenk so einzusetzen, ohne dass sie drüber nachdenken werden. Es ist wie Autofahren – es wird zur zweiten Natur
  • Sicherheit geben – Wo das Nervensystem eingeschränkt ist,  muss die Hand Sicherheit geben.
  • Das Finger „halten“
  • Die ganze Hand weich machen. Öffnen für das Pferd.
  • Die Hand stehen lassen – Wo das Pferd keine Körperplastizität hat, muss die Hand die fehlende Trage- Aufrichtemuskulatur ersetzen.

Einer führt, der andere folgt

Das Pferd will sicher sein – Ihre Hand muss dem Pferd solange Sicherheit geben, und immer dem Pferd bereit stehen und verfügbar sein,  bis es durch seine Trage-  und Aufrichtemuskulatur seine Körperplastizität bekommen hat. (wie an der Schulter Sicherheit geben) Das Pferd sucht in seiner Orientierungs- und Hilflosigkeit die Sicherheit beim Menschen. Wenn es die nicht bekommt, in der Kontrolle und Stabilisierung seines Körpers.

Die Hand-Grammatik

Für die Kommunikation zwischen Maul und Hand gibt es zwar keine „einheitlichen“ Regeln, denn sie sollen diese „Beziehung“ anspruchsvoll und interessant gestalten. Es kommt beim Handling nicht auf das technische „Können“ an, sondern auf das Einfühlen und die Vielfalt der Angebote, die die Hand macht. Ihre Hand sagt uns, wo Bewegungsinformationen beim Pferd nicht durchgehen, dass ist in dem Fall keine „Blockade“ sondern kann zum Beispiel nur ein gedehnter Muskel oder Ausweichmuskulatur sein, die die Informationsweitergabe des Nervensystems einschränkt.

Die Sprachbibliothek unserer Hand

Wir sind in der Lage, das Pferd mit unserer Hand in seinen unterschiedlichen Bedeutungen seines Körpers wahrzunehmen und auch wieder mit unserer Hand zu „geben“. Obwohl das Biomotorische Training so leicht für jeden Nachzumachen ist, ist genau diese Interaktion für viel die größte Herausforderung. Denn wenn man die Verantwortung sonst irgendwelchen Hilfsmitteln abgegeben hat, kommt in der Interaktion genau das beim Pferd an, was sie machen. Sie müssen ihr Handeln also immer wieder reflektieren und beobachten, welche Handlung was, beim Pferd auslöst.

Das wir das können, liegt neben der kulturellen und sozialen Entwicklung unserer Hand, vor allem an der Feinmotorik, aber auch an der Sensibilität der Hand, die sowohl die empfangende wie auch die gebende Qualität erkennt. Diese natürlichste Kommunikationsebene, steht uns in vielen aktiven und passiven Formen zur Verfügung, bei der sich die Hirnstromaktivitäten von Pferd und Mensch quasi synchronisieren.

Gewohnheit lässt unsere Hand abstumpfen

„Alles Gewohnte zieht ein immer fester werdendes Netz von Spinnweben um uns zusammen, und alsbald merken wir, dass die Fäden zu Stricken geworden sind und dass wir selber als Spinne in der Mitte sitzen, die sich gefangen hat“. Friedrich Nietzsche hatte recht, Gewohnheit lässt uns abstumpfen. Die Sensoren ihrer Hand reagieren langsamer. Das bedeutet wenn sich die Aussage ihrer Hand nicht dauernd verändert, wird nicht nur der „Empfänger“ müde, sondern auch der „Sender“.

Der manipulative „Touch“

Unsere Hand kann die Stimmung des Pferdes stark beeinflussen, denn die Verbindung hebt auch die Distanz auf. Sie schafft Nähe, und die kann leicht missbraucht werden. Denn wir müssen uns vorstellen, dass das Pferd seinen Körper noch nicht „kennt“. Das Pferd empfindet seinen Körper, so wie wir es ihm mitteilen. Es bekommt eine Vorstellung über seinen Körper über die Körperaußenseiten, die im Pferd eine Art Landkarte im Körper entstehen lassen – die natürlich auch ausgenutzt werden kann.

Sich in der Verbindung fallen lassen

Der Mensch führt, das Pferd folgt, aktiv und responsiv. Mit Unterwerfung hat das nichts zu tun, vielmehr kann sich damit eine ungestörte Verbindung aufbauen, die für gute Gefühle miteinander verantwortlich ist. Das können Sie immer wieder im „Miteinander-Gehen“ in den Fohlenspielen – der Königsdisziplin üben.

Ihre Hand darf dabei nicht fest wie ein Schraubstock sein, man darf nicht am Pferd hängen und sie sollte sich nicht schlapp oder hart anfühlen – einfach lebendig. Ihr Arm sollte dabei weich am Körper angelegt sein – das gibt Bewegungsqualität, denn sonst muss ihre Schulterkugel die Bewegung aushalten – und dass tut schnell weh. Die Schraubstock-Hand lässt dem Pferd keine Luft zum Atmen, eine Dranhänge-Hand reisst das Pferd aus seinem Gleichgewicht, und zwingt das Pferd, für beide zu denken.

Eine schlaffe Hand macht das Pferd orientierungslos, weil es kein gleichwertiges Gegenüber spürt. Ist die Hand zu hart, kann keine Verbindung entstehen. Ist die Hand dagegen weich, fließend und doch bestimmend, einander tragend und haltend im Wechselspiel, ist sie zärtlich und wohlwollend führend und folgend, dann erleben Sie mit ihrem Pferd einen gemeinsamen Raum in dem sich beide wohlfühlen. So gelingt auch das „Miteinander-Gehen“, denn die entstehende Bewusstheit verbindet, berührt und ist fast heilsam.

Die Möglichkeit ihre Reiterhand zu üben

Es lohnt sich das Handling zu erlernen, denn diese Art der Paarformation fordert Eigenreflexion und Eigenverantwortung in der Art und Weise, wie der Mensch seine Hand hält. Keine andere Methode bietet ihnen die Möglichkeit, sich in dieser Fähigkeit zu üben, die sie dann genauso für ihre Reiterhand brauchen, wenn sie auf dem Pferd sitzen.

So erfüllt ihre Hand das Bedürfnis des Pferdes nach Sicherheit, Interaktion und Wohlgefühl und ist zugleich die Basis für sein körperliches Lernen. Dabei ist ihre Hand trotz allem „Bereitstehen“ in jedem Moment eine neue. Denn einen Moment mit seinen vielen Einflüssen lässt sich nicht wiederholen. Das Erleben hängt immer vom Zusammenspiel zwischen dem Empfänger – also dem Pferd und dem Geber – also dem Menschen ab und ist deshalb eine absolut personenbezogene Verbindung – die niemand „für Sie“ machen kann.

Die Verbindung – das Handling sollte möglichst synchron sein, damit das Pferd sich seinen Bewegungen „hingeben“ kann, und die Bewegungsentwicklung nicht durch Aufregung oder Konzentration abgelenkt wird. Wenn der Mensch nur auf sich achtet, dann passt ganz schnell nichts zusammen und es entsteht eine unruhige Atmosphäre.

Kopf hoch!

Nervensysteme gehen von oben nach unten – und von unten nach oben. Eine sensorische Meisterleistung, deren wir uns kaum bewusst sind. Die Aufrichtung des Pferdes ist deshalb ein wesentliches Kennzeichen des Pferdes. Damit sich das Pferd aufrichten kann und aufrecht bleiben kann, sind nicht nur besondere muskuläre und skelettale Bedingungen unerlässlich, sondern vor allem die sensorische Erfassung über die Kopflage und Kopfposition. Laden Sie deshalb mit ihrer Hand so oft wie möglich nach oben ein. Denn wenn eine Einschränkung da ist, empfindet sich der Körper ganz anders

– das Nervensystem muss anbeißen –

Der Vielfaltsspielraum ihres Handelns bestimmt also die Interaktion ihres Pferdes und damit auch das Handeln des Pferdes. Daraus – also aus dem Handeln der Hand entsteht die weitere Ausbildung